Ein Haus, an den Fels geklebt. Die Veitskapelle am/im Fels der Spitze des Isteiner Klotzes ist ein echter Hingucker.
Grotte
Begonnen hat die Veitskapelle als natürliche Grotte, ausgewaschen vom Rhein während der letzten großen Vereisung (Kältemaximum vor ca. 22.000 Jahren).
Allein vom Gemeindegebiet Efringen-Kirchen kennen wir ca. 20 Grotten / Halbhöhlen / Abris, die so entstanden sind. Der Rhein lagerte Sand und Kies der Niederterrasse auf dem Boden der Grotten ab (bzw. verfüllte sie vollständig). Der Fluss grub sich immer tiefer ein, schwemmte den Kies der Niederterrasse fort - und legte so die Grotten frei und machte sie zugänglich.
Für Menschen. Leute, die sich vom Jagen und vom Sammeln ernährten. Das war vor ca. 14.000 bis 12.000 Jahren, diese Zeitepoche wird Spätpaläolithikum genannt. Diese Leute haben typische Werkzeuge aus Feuerstein hinterlassen, zur Freude der Archäologen.
Auch die Grotte der Veitskapelle diente vor ca. 12.000 Jahren als Unterschlupf. In den folgenden Jahrtausenden sind immer wieder Menschen dort, hinterlassen Werkzeug, Netzsenker, Topfscherben.
Grottenburg
Im 11. oder 12. Jahrhundert n. Chr. hat man die Grotte zugemauert. Eine Grottenburg im Fels, zweigeschossig ausgebaut, zugänglich nur von oben. Die Oberburg - Burg Istein - entsteht später (erstmals genannt 1230). Während die Oberburg (Burg Istein) 1410/1411 zerstört/geschleift wurde, blieben die Wände der Grotte intakt.
Veitskapelle
Im späten 16. Jahrhundert wird die Grotte (genaugenommen sind es zwei miteinander verbundene Grotten) als Kapelle genutzt, dem Hl. Vitus / Veit geweiht. Irgendwann entsteht ein Zugang von unten, und ab irgendwann führt der Fußweg von Istein nach Kleinkems durch die Veitskapelle hindurch. Irgendwann wütet ein Feuer in der Kapelle. Immer wieder wird repariert, gebaut, und immer wieder geht Kleingeld verloren.
Ein jähes Ende findet die Veitskapelle 1948/49. Das mittelalterliche Mauerwerk stürzt bei einer Sprengung ein. Lange Zeit steht die Grotte offen. In den 1980er-Jahren möchte man die Veitskapelle wieder aufbauen. Zuvor kommen (1986) die Archäologen.
Spätkeltischer Bestattungsplatz
Sie fanden spektakuläres! Typische Scherben von typischen Gefäßen des 2./1. Jahrhunderts vor Christus. Spätkeltische Keramik, aus der Zeit der Rauraker, Helvetier und Sequaner, kurz vor dem Gallischen Krieg des Julius Cäsar und der Eroberung durch Rom. Vermengt mit Knöchlein von Menschen: wohl von 15 verschiedenen Personen. Männer, Frauen und Kinder, wohl zum Teil miteinander verwandt. Vermutlich hier - in der Grotte - bestattet. Wobei unser Wort "bestattet" es vermutlich nicht trifft, der Umgang mit Toten (und halbverwesten Leichnamen) in dieser Zeit war sehr speziell und ist selbst für Archäologen sehr gewöhnungsbedürftig ...
Auch in spätkeltischer Zeit brauste der Rhein unter der Grotte um den Fels herum. Ein ganz besonderer Ort.
(Text: Museum in der ‘Alten Schule’ / Dr. Maren Siegmann / 2024)