Ein Gedenkstein für ein Kloster. Einziger Hinweis auf das heute verschwundene Cluniazenserinnen-Kloster "Unsere Liebe Frau von Istein".
Leider stimmen viele der auf der Tafel gemachten Angaben nicht: das Gründungsdatum 1105 und der Gründer Dietrich von Rötteln sind sachlich mehr als zweifelhaft. Das Kloster und die Klosterkirche waren Maria gewidmet (nicht dem Hl. Nikolaus). Alle Archivalien bis ca. 1425 kennen nur ein Frauenkloster (von einem Männer- oder Doppelkloster ist nirgendwo die Rede). Bernhard von Clairvaux war nie hier (und schon gar nicht 1123). Das "humane Wirken" der Nonnen ist eher Wunschdenken (für Cluniazenserinnen galt strenge Klausur, und für Lebensmittelspenden in größerem Umfang war das Kloster viel zu arm). Das Erdbeben war 1356 (nicht 1354) ... Nicht einmal das Bild stimmt mit seiner Vorlage überein (völlig andere Fenster). Schade!
Dabei ist die Geschichte dieses kleinen Klösterleins sehr spannend. Als heutiger Mensch vergißt man es gerne - das Leben im Kloster war für die Leute im Mittelalter üblich und total normal. Ungefähr ein Zehntel der Bevölkerung lebte im Kloster. Plus Knechte und/oder Mägde. Und: den Klöstern gehörten (zusammengenommen) riesige Flächen Acker, Weide, Wald. Fast jeder Bauer wird für irgendein Kloster Frondienste geleistet haben. Sogar im Leben eines Bettlers sind Klöster allgegenwärtig: an der Klosterpforte gibt es ein Almosen, ein Stück Brot. Prinzipiell zumindest und theoretisch für jeden, der klopft.
Gegründet wurde das Kloster vor 1248 (vermutlich zwischen 1150 und 1200). Ab 1270 erfahren wir Details - zwischen acht und fünf Nonnen leben hier, Tendenz fallend. Nach 1335 sind es noch fünf bis vier Frauen, und 1412 nur noch eine. Das Mutterkloster Cluny will das Kloster Istein schon lange in ein Männer-Priorat umwandeln, und nach 1428 leben in Istein keine Frauen mehr. Ein Mönch hält (dauerhaft oder nur zu bestimmten Gelegenheiten) hier die Stellung.
Die Stadt Basel übernimmt mit Einführung der Reformation die Verwaltung über alle Basler Klöster. Auch über Istein, das dem Kloster St. Alban zugehörig war. Von der Stadt eingesetzte Pröpste übernehmen die Verwaltung der Güter und der Liegenschaften. 1783 ist ein Teil der Gebäude schon abgerissen, jetzt sollen auch das Hauptgebäude und die Kirche fallen. Die Anlage wird 1785/86 abgerissen. 20 Klafter Steine schafft man nach Istein, zum Bau des ersten Schulhauses dort.
Noch bis zum 22. April (wir haben verlängert) ist unsere Mini-Ausstellung im Foyer des Rathauses Efringen-Kirchen, Hauptstraße 26, geöffnet. Sie ist zu sehen während der regulären Rathaus-Öffnungs-Zeiten. Der Eintritt ist frei.
Das Kloster Unserer Lieben Frau in Istein
Das Kloster lag direkt hinter der Klotzenspitze - um die ausgehöhlte Felsnase herum, direkt am Rhein, eingekeilt zwischen Wasser und Fels. Geweiht war es der Jungfrau Maria, mit den Nebenpatronen Markus und Sebastian.
Die älteste Nachricht zum Kloster stammt aus dem Jahr 1264 (es geht um den Tausch einer Wiese bei Riehen). 1270 erfahren wir mehr: sieben Nonnen leben dort, plus ein Prior plus ein Mönch. Ab jetzt finden immer wieder Kontrollbesuche durch das Mutterkloster Cluny statt. Bis 1330 leben in Istein zwischen 8 und 5 Nonnen. Die Tendenz ist fallend, nach 1335 sind es nur noch 5 bis 4 Klosterfrauen, und 1412 scheint nur noch Agnes Gretelaerin in Istein zu leben.
Männer im Frauenkloster! Das ist normal und unvermeidlich. Frauen sind nicht voll geschäftsfähig, und sie dürfen das ummauerte Klosterareal nicht verlassen - es braucht einen Mann als Verwalter. Frauen dürfen keine Messe lesen, nicht predigen, keine Beichte abnehmen - das darf nur ein Priester. Bis 1277 erfahren wir von einem Prior und einem Mönch im Kloster. Danach ist nur gelegentlich ist ein Prior/Mönch vor Ort. Erst ab 1329 scheint wieder dauerhaft zumindest ein Priester in Istein ansässig gewesen zu sein. Spätestens seit 1324/25 ist das Basler Kloster St. Alban für die Betreuung des Klosters Istein zuständig.
Schon 1356 hatte das Mutterkloster Cluny beschlossen, Istein zum Männerkloster zu machen. Istein leistet Widerstand, doch spätestens ab 1428 leben hier keine Frauen mehr. Bis 1493 besteht der "Männerkonvent" Istein aus nur einem einzigen Mönch. Gläubige haben dem Kloster Güter geschenkt, als Gegenleistung werden für sie Messen gelesen und wird für sie gebetet - diese Verpflichtung bleibt bestehen, selbst wenn im Kloster (eigentlich) niemand mehr wohnt ...
1529 knallt es in Basel - Reformation. Der Bischof hat die Flucht ergriffen, der Prior von St. Alban macht sich mit Kultgerät und Besitzurkunden davon. Die Basler Klöster werden dem Rat der Stadt unterstellt, auch Unsere Liebe Frau in Istein. Den Männerkonvent hatte man zwischenzeitlich in eine Propstei umgewandelt. Der Propst wohnt nicht im Kloster, sondern anderswo, und lebt von den Einkünften aus den Ländereien. Die Gebetsverpflichtungen, die an der Klosterkirche kleben, leistet (gegen Entgelt) der Isteiner Gemeindepfarrer. Die Marienkirche des Klosters ist Wallfahrtsziel, der Weg dorthin (von Istein bis zur Veitskapelle) ist mit Feldkreuzen und Heiligenfiguren ausgestattet.
Im 17. und 18. Jahrhundert sind die Pröpste adelig - der Klosterwald lockt als Jagdrevier.
Für normale Leute richtig miese Zeiten, voller Krieg, Armut und Gewalt. Das Kloster biete üblem Gesindel Unterschlupf, klagen die Isteiner, fort damit! 1783 werden die letzten Klostergebäude zum Abbruch freigegeben. 1786 schafft man 20 Klafter Steine vom Kloster nach Istein - auf den Bauplatz für das neue Schulhaus.
Klöster
Ab ca. dem Jahr 900 werden in Europa (wieder) Klöster gegründet, ab 1050 sprießen sie wie Pilze aus dem Boden. Ein Hype! Viele neu gegründete Klöster folgen der Bendikts-Regel. Doch schon im 10. Jh. gibt es Genörgel wegen Verweichlichung und Lotterleben. Ein neuer Orden entsteht, arm und asketisch: die Cluniazenser mit dem Mutterkloster Cluny. Schon bald gibt es Genörgel wegen Verweichlichung und Lotterleben. Ein neuer Orden entsteht, arm und asketisch: die Zisterzienser mit dem Mutterkloster Cisteau ... Sie ahnen es: jedes Kloster wird mit jedem Mönch, jeder Nonne etwas vermögender, mit jeder Spende und jeder Gabe etwas reicher. Es leben Menschen im Kloster, und irgendwann ist das Essen weniger karg, die Gebäude etwas weniger frostig, die Kleidung etwas wärmender als zuvor.
Doppelklöster
Frauen und Männer nahe beieinander oder gar unter einem Dach, gemeinsame Kirche, gar gemeinsamer Gottesdienst. Viele Klöster hat man als Doppelkloster gegründet. Auch für Istein wurde dies vermutet, ist aber unwahrscheinlich. Istein gehört 1264 zum ordo cluniax, zum Cluniazenser-Orden. Dessen Äbte wettern seit 1090 gegen Doppelklöster; zwischen Nonnen und Testosteron gehört ein Sicherheitsabstand, mindestens 2 Wegstunden! Anfang des 12. Jhs. ist die Zeit der Doppelklöster allgemein vorbei.
Cluny und Cluniazenser
Normannen, Wikinger, Ungarn - im 9. und 10. Jh. sind besonders Frauenklöster Top-Ziel für Plünderer. Viele Klöster verschwinden von der Landkarte. In den verschonten Klöstern dagegen ausschweifendes Lotterleben ... So zumindest die zeitgenössische Propaganda. Strenge Regeln, asketische Lebensweise: das Kloster Cluny, 910 n. Chr. gegründet, reformierte das Klosterleben nachhaltig. Auch andere Orden übernahmen die Regeln von Cluny.
Im Cluniazenser-Orden gibt es nur einen Abt - den von Cluny. Alle anderen Klöster werden von Prioren geleitet; Frauenklöster sind einem Männerkloster unterstellt. Im Jahr 1055 entsteht mit Marcigny-sur-Loire das erste Frauen-Priorat. Bis ca. 1150 engagieren sich die Äbte von Cluny für Frauenklöster, Mitte des 12. Jhs. ändert sich dies. Trotzdem werden zwischen 1150 und 1200 die meisten Cluniazenser-Frauen-Priorate gegründet. Viele sind es nicht: auf mehrere hundert Männer- kommen nicht einmal 20 Frauen-Klöster. In der Regio südlicher Oberrhein sind dies Feldbach (F; dem Priorat Altkirch F unterstellt), Bollschweil/Sölden (D; dem Priorat St. Ulrich D unterstellt) und Istein (D; dem Priorat St. Alban CH unterstellt).
Markenzeichen der Cluniazenser ist ein mehrschichtiger schwarzer Habit, sehr weit, sehr voluminös. In Klöstern üblich sind 7 Gottesdienste am Tag und einer in der Nacht. Cluniazenser feiern zwei Gottesdienste mehr: Cluniazenser verbringen den größten Teil ihres Lebens in der Kirche.
Mitte des 12. Jahrhunderts ist die große Zeit des Cluniazenser-Ordens vorbei - Zulauf haben nun die Zisterzienser (Cisteau: gegründet 1098). Im 13. Jh. gehören dem Zisterzienser-Orden ca. 900 Frauenklöster an.
Leben im Kloster
Wie lebte es sich im Frauenkloster? In jedem anders ... Die Spannbreite ist groß! An einem Ende der Skala bequeme Einzel-Appartements (beheizbar) mit Dienstpersonal (das auch kocht), Ausflüge (auch in die nächste Stadt) und Besucher (auch Männer). Am anderen Ende der Skala: Schlafsaal (unbeheizt), gemeinsame karge Mahlzeiten (schweigend), der Tag (frierend) gefüllt mit Gottesdienst, Meditation, Gebet und Arbeit.
Die Vorgaben von Cluny gerade für Frauenklöster waren harsch - Istein muß diese erfüllt haben. Zumindest in der Anfangszeit. Strenge Klausur, strenge Schweigegebote, strikte Konzentration auf das religiöse Leben - das wird es auch hier gegeben haben.
Für Frauen gelten härtere Regeln als für Männer. Das betrifft vor allem die Klausur: Nonnen dürfen die Klostergebäude nicht verlassen. Ideal (in der Vorstellung der Männer): lieber im Kloster verbrennen, als sich nach draußen zu retten ... Andernorts gibt es nur eine einzige Tür in den inneren Bereich des Frauenklosters. Diese Tür öffnet sich für jede Nonne zweimal: als Novizin hinein und als Leiche hinaus. Kontakt nach außen ist schwierig, Besuche weitgehend unmöglich. Kontakt zum Priester nur unter Sicherheitsauflagen und mit Zeugen. Letzteres kein Problem, weil eine Nonne eh niemals alleine ist ... Immer wieder werden Frauenklöster "reformiert", die Regeln werden immer strenger, die Abschottung der Frauen (auch vor Tageslicht) immer rigoroser, das Leben immer karger. Leben im Nonnenkloster ist etwas ganz anderes als Leben im Mönchskloster!
Für andere Orden gibt es spezielle Regularien für die Frauenklöster. Nicht für Cluny - zu wenige Klöster, zu wenige Frauen. Die Regularien für Männer sind aber von Frauen oft nicht einzuhalten. Das beginnt mit der vorgeschriebenen Kapuze am Habit - mit dem für Frauen obligatorischen Schleier völlig inkompatibel. Problemfälle Monatsblutung oder Konstruktion der Latrinen - jedes Frauenkloster muß sich eigene Lösungen einfallen lassen.
Ora et Labora
Beten und Arbeiten. Nonnenarbeit ist Handarbeit und Schreibarbeit. Sie fertigen prachtvolle Textilien. Sie schreiben Bet-, Gesangs-, Liturgiebücher, verzieren diese kunstvoll mit Miniaturen. In den letzten Jahren konnten einige Frauen-Kloster-Bibliotheken rekonstruiert, Schreiberinnen namhaft gemacht werden.
Eigentlich nix neues. Eine Chronik notiert für 1276: "Schwester (leider unleserlich) von Sultzmatt, die Schreiberin der Schwestern von Klingenthal, erzählte, sie habe das Buch für die Wintermessen der Baseler Predigermönche mit einer einzigen Feder geschrieben; den Rest desselben vollendete sie mit einer zweiten Feder in kurzer Zeit." Ein Wunder. Nein, nicht dass eine Nonne im Auftrag ein Messbuch schreibt. Sondern dass sie dafür nur 1½ Schreibfedern verbraucht.
Cluniazenserinnen brauchen Bücher. Pro Nase mindestens zwei - Gebet- und Gesangbuch. Betet oder singt sie im Gottesdienst ohne aufgeschlagenes Buch, gilt das als Bruch des Schweigegebotes und wird bestraft. Dazu kamen private Andachtsbücher, und - natürlich - die für Gottesdienste, Liturgie und Verwaltung notwendigen Bücher. Von den Büchern der Isteiner Frauen erfahren wir nur vereinzelt im Katastrophenfall. Wenn sie verbrannt sind. Wenn sich ein Prior damit davon gemacht hat. Wenn man sie verpfänden musste.
Kloster und Wirtschaft
1274: die sterblichen Überreste des (1249 verstorbenen) Herrn Nikolaus von Titinsheim werden vom Klosterfriedhof Istein zum Dominikanerkloster Basel überführt und auf dessen Friedhof wiederbestattet. Totenmessen: wichtige Einnahmequelle für ein Kloster, hart umkämpft. Die Gebete von Jungfrauen sind wirkmächtiger als die von Männern. Männer jedoch kann man zum Priester weihen. Männerklöster können an vielen Altären mit vielen Priestern gleichzeitig ´arbeiten´. In Frauenklöstern gibt es nur einen Priester, und dessen seelenrettende Service-Leistung steht nur außerhalb der Kloster-Pflichten zur Verfügung. In diesem Wirtschafts-Duell verlieren die Frauen. Und: viele Orden konkurrieren um diesen Markt.
Ländereien, Einkünfte daraus, Bargeld. Je Landbesitz, desto Einkommen, desto mehr Mönche/Nonnen kann ein Kloster aufnehmen und desto mehr Leute beschäftigt es. Das Kloster Istein wirkt eher spärlich ausgestattet mit Ländereien (allerdings hat bislang noch nie jemand eine vollständige Liste zusammengestellt). Wenig Getreideacker = wenig Getreide für das Kloster = wenig Brot. Geteilt durch alle, die dort leben und arbeiten.
Eine besondere Art der Stiftung ist die Pitanz: einmal im Jahr zu einer bestimmten Mahlzeit ein Ei für jeden Mönch. Oder Fleisch, oder Fisch, eine Birne oder gar gewürzte Sauce. Die Mönche von Payerne bekommen so vieles an vielen Tagen zusätzlich auf den Tisch. Fleischportionen von fast 750g pro Mönch und Tag sind keine Seltenheit.
Für Frauenklöster fehlen die Angaben. Tendenziell scheinen die Tische in Frauenklöstern karger gedeckt und die Schüsseln kleiner gewesen zu sein.
In Istein könnte der Speiseplan ähnlich ausgesehen haben, wie der ´tägliche Tisch´ der Zisterzienserinnen von Günterstal: Montag Gerstenmus, Dienstag und Samstag weiße Erbsen, Mittwoch und Freitag graue Erbsen. Dazu Brot. Eine Mahlzeit am Tag im Winter und an Fastentagen, im Sommer hat man mancherorts zweimal am Tag gegessen. Günterstaler Festtagsspeisen: süßsauer eingelegter Mangolt/Spinat/Rüben, Fladen aus Eiern und Quark, Mai-Mus aus Eiern und Milch, Kompott aus Birnen und Bohnen, süße Apfel-Eierkuchen, gebackenes Huhn mit Sauce. Punkt.
Jedes Kloster - egal, wie arm - hat die Pflicht, notleidenden Menschen ein Almosen zu geben. Wer auch immer hungernd an eine Klosterpforte klopft, kann auf ein Stück Brot hoffen. Faustregel: ca. 10% des Kloster-Einkommens wird an Arme weitergereicht.
Verwüstet und Zerstört
Am 18.10.1356 bebt die Erde. Basel zerstört, viele Burgen ebenso und garantiert auch das Kloster Istein. Dabei hatte man gerade erst die Schäden des Kloster-Brandes von 1289 repariert. Nach einem Beben brennt es, normalerweise immer, wohl auch im Kloster Istein. Und es brennt noch einmal, 1387 - Kirche, Hauptgebäude und das Haus des Klosterfischers zerstört. Und, es kommt noch schlimmer: jedes Mal verliert das Kloster seine Besitzurkunden - welcher Acker wo, von wem bewirtschaftet, unter welchen Konditionen?
1272, 1371, 1409 umtobt Krieg das Kloster. Zweimal (1371 und 1409) erobert die Stadt Basel die Burg Istein, direkt oberhalb gelegen. Nach den Eroberungen sind noch jahrelang Basler Wachmannschaften im Einsatz bzw. (1410 oder1411) die Burg-Istein-Schleifungs-Crew. Noch 1379 ist das Kloster im Ausnahme-Modus - Frauen scheinen nach Basel geflohen zu sein, ebenso der Prior, und das Kloster ist in der Hand des neuen Herrn der Burg Istein.
Selbstredend werden die Bauern auch unseres Klosters geplagt durch Schädlinge aller Art und unzeitigen Frost, Dauerregen, Dürre, Wölfe oder Hagelschlag (z.B. 1271, 1289, 1338, 1363, 1366, 1407, 1408).
Hochwasserschäden werden nur 1491 benannt. Gehen wir jedoch getrost davon aus, dass jedes Hochwasser Schäden angerichtet hat. Kleine Auswahl: 1273-1275, 1342, 1343, 1374, 1385, 1404.
1394 startet St. Alban eine Spendenaktion für Istein - das Kloster / die Klosterkirche ist durch Erdbeben, Feuer, Krieg zerstört und unbewohnt. Bis 1491 hat sich anscheinend nichts wesentlich verbessert - nach dem Druck des Kriegs, den Fluten des Rheins und den verzeerenden Flammen sei nichts geblieben als Elend.
Drunter und Drüber
Die Berichte der Kontrollbesuche ("Visitationen") sind - leider - lückenhaft. Auch - leider - werden die Gebäude des Klosters nicht beschrieben.
Wir erfahren von Prioren, die durch Abwesenheit glänzen. Die das Kloster anzünden (Prior Guido, 1289). Die wertvolle Bücher "exportieren". Oder die (gegen den Willen Clunys) Novizinnen annehmen. Wie erfahren von fehlenden Priestern, von nicht-gehaltenen Messen, von mangelhaft ausgeführten Gottesdiensten, von fehlenden Gebet-/Gesangbüchern. Beichtväter, die taub sind, und/oder die die Sprache der Nonnen nicht verstehen.
Wir erfahren von Frauen, die sich selber überlassen sind, und von widerborstigen Frauen. "Incontinentia" wirft man ihnen vor. (Nein, nicht Inkontinenz.) Eigennutz, Ungenügsamkeit, Begehrlichkeit, Un-Enthaltsamkeit - es gibt viele mögliche Bedeutungen. Eitelkeit, zu viel zu gutes Essen, zu viel Privatbesitz (eigene Andachtsbücher z.B.), selbstbewußtes Betragen, Vertreten einer eigenen Meinung, Widerworte gegen Prior/Visitator bis zu Schwangerschaft
- alles ist möglich.
Nonnen in weltlicher Kleidung außerhalb des Klosters unterwegs, schändlich! Aufgepasst: wir wissen nicht, was weshalb geschehen ist, und kennen nur die Version der fremden Männer! Auf Party gewesen, in Basel, jetzt schwanger? Eine Version, die schnell (un-hinterfragt) zum Besten gegeben wird. Gehört zum Isteiner Habit ein Kleidungsstück, das dem französischen Visitator nicht gefällt? Anti-Rheuma-Pelz, Anti-Schnaken-Schleier, Anti-Rhein-Getöse-Ohrenschützer vielleicht, oder das 13. Jh.-Pendant zum Gummistiefel? Ist das Kloster zu arm, um die Frauen mit Kleidern auszustatten, trägt frau deshalb alte/geschenkte (weltliche) Kleider auf? War sie einfach nur auf dem Friedhof, zur Beichte, zur Messe irgendwo? Trägt sie dabei weltliche Kleidung, um kein Gerede zu erregen, um inkognito zu bleiben? War sie ´dienstlich´ außerhalb des Klosters unterwegs, die Arbeit des entfleuchten Priors zu erledigen? Weltliche Kleidung kann auch Sicherheitskleidung sein - der Fußweg zum Kloster gilt im 18. Jahrhundert als extrem gefährlich. Wie würde es sich klettern - über die Felsen oberhalb von Rheinklippe und tosenden Strudeln im überweiten, überlangen, mehrschichtigen Nonnenhabit?
Die Cluniazenser-Klöster in der Regio
St. Ulrich (D): gegründet 1072 auf dem Tuniberg, verlegt nach Grüningen. Prior ab den 1080er-Jahren ist der Cluniazenser-Mönch Ulrich von Zell. Verlegung 1087 nach Zell (dem späteren St. Ulrich). Ausbau durch Ulrich von Zell bis zu dessen Tod (ca. 1093).
Sölden (D): gegründet ab 1087 in Bollschweil durch Ulrich von Zell. 1115 Verlegung nach Sölden.
St. Alban (CH): Klostergründung 1083 durch Bischof Burkhard von Basel. Vor 1095 Übergabe an Cluny.
Altkirch (F): gegründet als Kanoniker-Stift, Übergabe an Cluny 1105.
Feldbach (F): gestiftet 1144.
Istein: gegründet wohl irgendwann zwischen 1150 und 1200.
Gründer ‘Herr Dietrich ein Mönch’. ‘Herr Burckart von Efringen ein Ritter’ gibt 1248 eine Mühle am Rhein. Umfangreiche Stiftung durch Lütold von Rötteln, Bischof von Basel († 16. Januar 1249).
Stiftungen verschiedener Mitglieder der Familie von Rötteln in der 2. H. des 13. Jhs. haben zu der Idee geführt, hinter "Herrn Dietrich ein Mönch" ebenfalls einen Rötteler zu sehen. Es ist aber von keinem Dietrich von Rötteln ein Klostereintritt überliefert, keine Rötteler Tochter ist als Isteiner Nonne bekannt, kein Rötteler wurde in Istein bestattet oder hat Istein als Ort für das eigene Totengedenken bestimmt. "Dietrich" ist kein seltener Name, und gleich mehrere Dietriche sind aus dem Gründungs-Geschehen bzw. der Übergabe an Cluny der Klöster St. Alban, Altkirch und Feldbach bekannt. Darunter ein Mönch: Theoderich/Dietrich, 1188 bis 1208 Prior von St. Alban. Dies wäre der wahrscheinlichste Kandidat.
Bei der Gründung eines Klosters geht es nicht nur um religiöse Dinge; oft genug steckt auch harte Territorial- und Macht-Politik dahinter. Auch wirtschaftliche Interessen spielten eine Rolle; auffallend viele Klöster liegen mitten auf begehrten Bodenschätzen. Zu viele, es kann kein Zufall sein. Die Erforschung des Zusammenhangs von Klöstern und Bodenschätzen läuft, man darf gespannt sein.
Warum man Unsere Liebe Frau von Istein an diesem (eher beknackten) Platz gegründet hat? Vielleicht stand hier die Mühle des Burckart von Efringen, diente als erstes Gebäude. Vielleicht waren die Klostermatten hier das einzige Bauland. Vielleicht ließen die speziellen Strömungsverhältnisse hier besonders viele im Rhein ertrunkene Menschen antreiben - und das Kloster sollte sich um Bestattung und Seelenheil dieser Toten kümmern. Zu späteren Zeiten diente der Friedhof an der Klotzenspitze tatsächlich genau zu diesem Zweck.
(Text: Museum in der ‘Alten Schule’ / Dr. Maren Siegmann / 2025)