Die Hochwasser des Rheines waren berüchtigt und gefürchtet. Gespeist aus der Schneeschmelze in den Zentralalpen konnten bis zu 4000m³ Wasser pro Sekunde talabwärts strömen, bei einer Geschwindigkeit von bis zu 20km/h. 1852 waren es sogar 5700m³, in Istein stand das Wasser dabei 1,36m über Normal.
Hochwasser und Eisgänge des Rheins bei Basel (Auswahl!). 1268, 1274, 1275: zwei Joche der Rheinbrücke wurden zerstört, einhundert Personen sollen dabei ertrunken sein. 1302 sind wieder alle Rheinbrücken zerstört, Breisach ist eine Insel und man kann von Neuenburg bis Freiburg mit dem Schiff fahren. 1341 reißt eine Birsig-Flut die Leichname aus dem Friedhof des Barfüsser-Klosters mit, und 1342 trifft die "Magdalenenflut" den Oberrhein. Dieses Flutereignis hat in vielen Gegenden derart massiv den Mutterboden weggespült, dass hinterher dort keine Landwirtschaft mehr möglich war. Möglicherweise die schlimmste Hochwasserkatastrophe Mitteleuropas des 2. Jahrtausends. "Große waßer" 1343. "Ungeheure Ergießung des Rheins" 1374. 1407 schuften in Basel über 1000 Menschen mit drei Winden zwei Tage und eine Nacht lang, die Brücke vor dem Einsturz und die Stadt vor dem Versinken im Wasser zu retten. Erfolgreich - nur die Basler und die Berner können ihre Brücken halten, alle anderen Brücken über Aare und Rhein werden zerstört. 1415, 1424, 1446. Von 1451 bis 1533 fast jedes Jahr, in manchen Jahren gar mehrfach. 1541, 1542, und - besonders hoch und besonders verheerend - 1566. Überhaupt, von ca. 1560 bis ca. 1630 eine erschreckende Dichte katastrophaler Wetterereignisse.
Ab 1560 kühlt sich das Klima ab, die Jahresdurchschnittstemperatur sinkt - mit katastrophalen Folgen für die Ernten, das Vieh, die Menschen. Diese Kaltphase dauert (mit Unterbrechungen) bis ca. 1850, mit einem letzten Tiefpunkt im frühen 19. Jh.: der Ausbruch des Vulkans Laki ab 1783, ein Vulkanausbruch 1809 und dann der Ausbruch des Tambora 1815 kosten direkt und indirekt durch ihre Folgewirkungen weltweit Millionen Menschen das Leben.
Nach der Überschwemmung verseuchtes Trinkwasser, verseuchte Böden, zerstörte Häuser, verlorene Vorräte, zerstörte Ernten, verwüstete Wälder, ertrunkene Menschen, ertrunkenes Vieh. Seuchen greifen um sich. Zeitgenössische Chronisten berichten davon. Aber auch in Rechnungen findet man die Wassergewalten: bei den Ausgaben für den Wiederaufbau der zerstörten Brücken.
Rheinhochwasser 1424
"In dem obgenanten jar [1424] do wart der Rin und ander wasser, die in den Rine fliessent, als gros, das nieman gedencken mocht, das der Rine ye als grosß wúrde. Und fuort die brucken an dem Rine fast enweg zu Kaiserstuol, ze Louffenberg und ze Basel zwey joch; und beleibe die brugge ze Seckingen und zu Brisach. Und tete der Rine grossen schaden in vil landen. Der Rin gieng ze Brisach uff disem Lande als gros als uff den anderen siten und tet inen uoch grossen schaden. Und was aber die Wis als klein, das man sy reyt und gienge."
Rötteler Chronik
Hochwasser riss Erdreich mit sich und schwemmte es talabwärts wieder an. Es brachte Kiesbänke und Fischgründe zum Wandern. Es grub neue Verbindungen zwischen Flussarmen, machte Nebenarme zu Hauptarmen und umgekehrt. Jedes Hochwasser veränderte den Talweg des Rheins - und damit auch Hoheitsgrenzen. Hochwasser konnte Inseln verändern, zerteilen, abschwemmen oder neu schaffen. Zank um Nutzungsrechte und Grenzziehung war unvermeidlich.
Historische Landkarten
Streit, Gezänk und Übergriffe halten Obrigkeiten auf Trab und verursachen Aktenberge. Schlecht für den Zeitgenossen, aber gut für nachfolgende Generationen - man erfährt so viel über die Menschen und ihre Lebensumstände. Bei Streitereien am Rhein ging es jedoch auch (fast) immer um Staats-/Territoriumsgrenzen, eine ernst zu nehmende Sache. Und deshalb versuchte man, so gut es ging, dem Zank vorzubeugen: mit Landkarten.
Und so existieren Karten aller Art vom Rheintal, die ein lebhaftes Bild von der Landschaft und seiner Nutzung geben. Berühmt ist die kurpfälzische Rheinstromkarte von 1590, mit Wiesen, Forsten und Waldweiden, mit getreidelten Frachtschiffen, mit Fähren, Fischgründen, Fischern und Goldwäschern.
Die genauesten kartographischen Aufnahmen der ursprünglichen Rheinauen zeigen die Banngrenzkarten der 2. H. des 18. Jh., häufig in deutsch-französischer Gemeinschaftsarbeit entstanden. Die fortwährende Änderung des Talwegs erforderte ständige Aktualisierungen bzw. Neuvermessungen, deshalb erscheinen Karten im Maßstab 1:20.000 im 19. Jh. in schneller Folge 1828, 1838 (1851 gedruckt), 1840, 1852, 1872 ...
(Text: Museum in der ‘Alten Schule’ / Dr. Maren Siegmann / 2024)