Dem Einsturz nahe, weil uralt. Zu klein. Ruinös. Dass die alte Michaelskirche in Istein durch einen Neubau ersetzt werden muß, ist 1805 beschlossen. Behörden werden aktiv, Architekten und Gutachter geben sich die Klinke in die Hand.
Aus dem Langhaus herausfallendes Mauerwerk, der Turm quasi gespalten, mit zwei tiefen Rissen vom Dach bis fast zum Grund. Die mindestens zweimal vergrößerte gotische Kirche mit dem wohl romanischen Turm hätte schon 50 Jahre zuvor abgerissen worden sein sollen. Zum Schrecken des Pfarrers teilt man ihm 1801 die Baupflicht zu - ab sofort ist er für Reparaturen zuständig, zu zahlen aus der Pfarrkompetenz. Pfarrer Harder stirbt 1806, sein Nachfolger Pöppel schafft es, bis 1813 fast 12.000 fl. für einen Neubau zusammenzukratzen. Es wird immer noch geplant. Die Baumaßnahme wird nun von den Zeitläuften überrollt. Unbedingt einzubauen sei ein feuerfestes, sicheres, verborgenes Behältnis zum Unterbringen von Wertsachen in Kriegszeit. Die Gemeinden Istein und Huttingen bitten 1814 um Aufschub: Kriegsgeschehen (Napoleon) und ein Mißjahr haben die Viehbestand der Dörfler so dezimiert, dass sie die Fuhrfronden für den Kirchenneubau nicht leisten können. Weitere Mißernten und ´Kriegserlittenheiten´ haben die Leute erschöpft und verarmt zurückgelassen. Das war am 06.12.1815. Die Isteiner und Huttinger wissen es noch nicht: es kommt noch schlimmer. Auf Sumbawa war im Frühjahr 1815 ein Vulkan ausgebrochen. 1816 wird als ´Jahr ohne Sommer´ in die Geschichte eingehen, weltweit werden große Teile der Ernten ausfallen, eine Hungersnot 1816 und 1817 wird die Folge sein. Der Kirchenbau in Istein verzögert sich.
1818 stürzt der Turm zusammen. Fast. Man trägt ihn gerade noch rechtzeitig ab, aber dabei wird das Kirchenschiff schwer beschädigt. Jetzt geht alles sehr schnell. 1820 legt man den Grundstein, 1822 steht die neue Kirche. Die Bauleitung hat Johann Ludwig Weinbrenner, Bezirksarchitekt in Müllheim. Pöppel und sein Nachfolger Gmeiner kämpfen noch 1829 um Beseitigung von Pfusch-am-Bau (u.a. regnet es auf den Altar).
Der ursprünglich sehr schlicht gehaltene Kirchenraum wurde bis 1936 mehrfach umgestaltet. Im Winter 1945 erlitt die Kirche starke Schäden durch Beschuß; die Behebung der Schäden (und Folgeschäden) sowie die Anschaffung eines neuen Geläutes dauerte bis 1959.
(Text: Museum in der ‘Alten Schule’ / Dr. Maren Siegmann / 2024)