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Isteiner Schwellen - Furt Istein (verschwunden)

Furt im Winter
Moderne Furt mit Pflasterung im Bachbereich. Foto: Museum in der "Alten Schule" / Maren Siegmann.
Furt im Winter
Bach kreuzt Weg (oder andersrum). Foto: Museum in der "Alten Schule" / Maren Siegmann.
Schöne Dinge im Kies
Fluss-/Kiesfunde der späten Bronzezeit (grün). Blau: historische Furten, Rot: Felsen und andere Gefahrenpunkte im Rhein. Karte: Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung: Charte von Schwaben (Reproduktion), um 1827. Blätter 28 (Freiburg), 37 (Wiese), 46-48 (Basel). Kartierung: Maren Siegmann.
Fluss-Fund
Die originale Nadel (ca. 1200-1000 v. Chr.) zu dieser Nachbildung steckte verkeilt zwischen den Felsen der Isteiner Schwellen. Foto: Museum in der "Alten Schule" / Maren Siegmann.
Beil der späten Bronzezeit
Bronzebeil, gefunden bei Istein. Die Zeichnung zeigt das Original (1100-800 v. Chr.), darauf die Nachbildung eines ähnlichen Stücks. Foto: Museum in der "Alten Schule" / Maren Siegmann.
Schwert der späten Bronzezeit
So sah auch das Schwert aus Istein aus, und einige Schwerter aus dem Kies des Rheins. Nach: W. Helbig, Das homerische Epos aus den Denkmälern erläutert (Leipzig 1887), S. 336. Grafische Bearbeitung: Maren Siegmann.
Eisenbarren der Spätlatènezeit
Spätkeltischer Eisenbarren, aus dem Kies bei Neuenburg/Rhein. Museum in der "Alten Schule", Inv.-Nr. 1990/0081. Foto: Museum in der "Alten Schule" / Maren Siegmann.

Beschreibung

"Zu Istein am Rhein, da das Wasser der Felsen halben sehr schaumet und schreyet, und etwas eine gefährliche Furt hat ... " So beschreibt C. Wurstisen die Furt Istein. Wo diese Fluss-Querungs-Stelle einst genau gelegen hat - wir wissen es nicht. Vermutlich aber schon irgendwo hier - im Bereich des Felsriegels quer über den Rhein.

 

Furten

Eine seichte Stelle im Fluss, Schuhe aus, Hosenbeine hochgekrempelt, und durch das Wasser gewatet. Furten. Sie sind selten geworden - "seichte Stelle"und "Schiffahrt" passen einfach nicht zusammen.

Steinig, glitschig. Gefährlich. Um Furten sicherer zu machen, und für Wagen tauglich, kann man sie pflastern. Diese Straße steht mal mehr, mal weniger tief unter mehr oder weniger schönem Wasser, ist mal glitschig, mal nicht.

Schon die Römer haben so gebaut. Gut erforscht sind die Furten der Saône - 66 Untiefen im Flussbett auf 167 Kilometern zwischen Doubs und Lyon. Darunter die Gué de la Casaque, unterhalb von Châlon-sur-Saône: eine 5m breite Pflasterung quer durch den Fluss. Zwischen und unter dem Pflaster: Metallgefäße, Waffen, Geräte. Gepflasterte Furten auch andernorts - allerdings waren genau diese Stellen im 19. Jh. die ärgsten Hindernisse der Schiffahrt ... Für den Rhein fehlen vergleichbare Forschungen, leider.

Metallgefäße, Waffen, Geräte. Spezielle Tonkrüge und anderes mehr. An 53 der Furten zwischen Gray und Lyon fand sich derlei aus prähistorischer und römischer Zeit. Die Funde der Gué de Casaque sind für die Archäologen ein absoluter Glücksfall: keinesfalls können sie zufällig oder unbeabsichtigt unter die Pflasterplatten geraten sein. Also Absicht: ein Opfer, eine Gabe an eine Gottheit.


Einen Deal zu machen mit der für Fluss bzw. Furt zuständigen Gottheit war sinnvoll. Das Durchwaten einer Furt ist riskant. Nicht nur Steine und Glitsch, sondern auch tiefe Löcher im Grund, Strudel oder starke Strömung können eine Furt lebensgefährlich machen!

Als besonders schlimm galt die Furt bei Istein. Deshalb müssen 1301 die elsässer Zinspflichtigen des Klosters Istein ihre Abgaben nur bis zur Furt bringen, und nicht über den Fluss bis an die Klosterpforte, wie sonst üblich.


Funde im Fluss

Einzeln irgendwo irgendwie irgendwann im Kiesschotter des Rheins gefunden. "Flussfunde" nennen Archäologen das.

Manche Funde erklären sich selbst - in Felsritzen verkeilte Angelhaken, zum Beispiel. Manches war Müll und sollte (eigentlich) vom Rhein entsorgt werden. Aber viele Funde waren richtig gute Sachen. Ein Bronzehelm aus Weil am Rhein. Viele Bronzeschwerter, aus Säckingen, Basel,  Kembs, Ottmarsheim. Und anderswo. Dazu en masse Beilklingen aus Bronze, und Bronzesicheln. Nadeln aus Bronze und Gehängeschmuck, aus unzähligen Bronzeringlein zusammengesetzt.

Haben Sie´s gemerkt? Bronze. Ganz viele richtig gute Stücke sind aus Bronze, und sie stammen aus der späten Bronzezeit (ca. 1300 - ca. 800 v. Chr.). Aus den nachfolgenden Zeitepochen haben wir fast keine Funde. Erst im 2. und 1. Jh. v. Chr. (der Spätlatènezeit) landen wieder richtig gute Sachen im Kies. Jetzt sind es Eisenbarren, die gefunden werden, teils noch sorgsam gestapelt.

Irgendwie lagen diese Sachen alle nahe bei / an / auf einer in historischer Zeit begangenen Furt. Und auffällig viele dieser Fund-Furten liegen unterhalb von befestigten Höhensiedlungen der späten Bronzezeit. Isteiner Klotz, Basler Münsterhügel, Limberg bei Sasbach, Burkheim, Breisach - um nur einige zu nennen. Der Wall auf dem Isteiner Klotz (Klotzenrundweg) ist noch gut zu erkennen.

Alles Zufall? Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Vielleicht hat der französische Archäologe recht, der diese Schwerter & Co. für Opfergaben hält - dargebracht einer Gottheit oder Naturkraft an/in einer auch damals schon genutzten Furt. Das Versenken von Gaben an die Götter in Mooren, Seen und Flüssen ist Archäologen wohl bekannt; die Idee des Kollegen hat sehr viel für sich. Zweifelsfrei beweisen läßt sie sich aber nicht.

Ob die beschenkte Gottheit/Naturkraft den Schenker beim Durchwaten der Furt schützen sollte, oder sein Schifflein auf seinem Weg flussab, ob als Dank für Nicht-Ertrinken oder für einen Sieg im Kampf, oder in der Hoffnung, die Gottheit möge verheerende Hochwasser verhindern? Wissen wir nicht, leider.

Derlei erfahren wir erst in römischer Zeit - da bekommt die Gottheit einen schön gemetzten Stein mit ordentlicher Inschrift. Oder im Mittelalter, der "Deal" festgehalten auf Pergament oder Papier. Zum Beispiel Udalricus von Üsenberg, der um 1080 herum den Rhein bei seiner Burg durchqueren will und untergeht. Und schwört, sich selbst dem Kloster St. Blasien zu weihen, sollte er mit göttlicher Hilfe den Fluten entrinnen. (Hat geklappt.) Opfergaben, Kerzen, Votivbilder, Spenden, Stiftungen - es gibt viele Wege, der helfenden Macht zu danken. 
 

(Text: Museum in der ‘Alten Schule’ / Dr. Maren Siegmann / 2024)