"Totengrien"
Das Leben und Arbeiten am und mit dem Rhein war gefährlich. Arbeits-, Boots-, Badeunfälle - Männer, Frauen, Kinder verschwinden im Fluss. Ab 1770 finden sich in den staatlichen Anzeige-Blättern immer häufiger Suchanfragen: hat man die vermisste Person irgendwo gefunden? Oder, andersherum, Leichname werden angeschwemmt, vom Rhein zurückgegeben. Wer könnte es sein?
Um die Toten identifizieren zu können, wird (soweit möglich) ihre Kleidung möglichst exakt beschrieben. Jedes Stück, auch die Unterwäsche, jedes Monogramm, jeder Knopf, jeder Flicken - alles kann helfen, den Toten einen Namen zu geben (und den Angehörigen Gewißheit). Auch verlassene Kleider am Flussufer werden publik gemacht - gebadet und geschwommen wird nackt. Gelingt die Identifizierung nicht schnell genug, hebt man Stoffproben auf - wie im Fall der 1840 ertrunkenen Maria Rosa Kümmerlin aus Rheinfelden.
Flurnamen wie "Totengrien" oder "bim Vertrunkene Gottsäckerli" erinnern an diese Seite des Lebens am Fluss. Hier begrub man im 19. und frühen 20. Jh. die angespülten Ertrunkenen. Nein - davon, dass hier einmal eine Kies-Insel war, im Rhein gelegen, ist heute nichts mehr zu erkennen.
Den Flurnamen "Totengrien" gibt es auch heute noch. Allerdings liegt das Totengrien von heute weiter nördlich, und es ist geschütztes Naturschutzgebiet.
(Text: Museum in der ‘Alten Schule’ / Dr. Maren Siegmann / 2024)