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Istein - jüdische Familien 1575

Istein, in bester Lage
Foto: Museum in der ‘Alten Schule’ / Maren Siegmann.
Mosse, Elias, Benedikt - Istein 1576
Archives de l"ancien Évêché de Bâle Porrentruy B 216 Blatt 50v: Aufstellung der jüdischen Haushalte in Istein, 1576. Permalink: https://archives-aaeb.jura.ch/detail.aspx?ID=77543. Veröffentlichungs- + Vervielfältigungsrechte: AAEB Porrentruy. Textmarkierung: MS.
Istein 1777
Markante Gebäude in Istein auf einer Karte von 1777. Landesarchiv Baden-Württemberg, Generallandesarchiv Karlsruhe H Istein 5, 1777 / Geometer M. Gürtler. Permalink: http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=4-1717416. Veröffentlichungs- + Vervielfältigungsrechte: Landesarchiv B-W.
Istein nach 1828
Istein am Rhein, Fischer- und Lotsendorf. Aquarellierte Zeichnung von Peter Birmann, nach 1828. Kunstmuseum Basel, Kupferstichkabinett, Inv. Bi366_2 - Blick auf Istein.
Istein, am Wasser (vor 1905)
Istein vor 1905. Museum in der "Alten Schule", Inv.-Nr. 1991-0999.
Istein vor 1914
Historische Postkarte, vor 1914. Museum in der "Alten Schule", Inv.-Nr. 1991/0999.
Istein, am Wasser (heute)
Foto: Museum in der ‘Alten Schule’ / Maren Siegmann.

Beschreibung

Irgendwo in Istein, aber bestimmt nicht in Bester Wohnlage, und ziemlich sicher nicht hier. 

Mosse und sein Schwiegersohn Elias, Juden in Istein. Benedikt, Jude in Istein.

 

Mosse und Elias erhalten 1573 das Wohnrecht, Benedikt darf sich im Juli 1574 dort niederlassen.

Über Mosse, seine Tochter, seinen Schwiegersohn und die zu vermutenden weiteren Mitglieder des Haushalts erfahren wir nichts. Über Benedikt wissen wir etwas mehr - Benedikt stammte aus Isenheim. Das war vorderösterreichisch, und Vorderösterreich hatte über viele Jahre seinen jüdischen Einwohnern immer strengere und schikanösere Regeln auferlegt. 1574 vertreibt Vorderösterreich die Juden (ab jetzt gilt: Für Juden Betreten Absolut Verboten). Auch die Familie von Benedikt muß gehen. Benedikt selber hat Glück, und der Obervogt in Belfort schreibt ein Empfehlungsschreiben an Melchior, Fürstbischof von Basel. Dieser ist Territorialherr über Schliengen, Altingen, Mauchen, Steinenstadt und auch über Istein und Huttingen.

Mosse, Elias, Benedikt und ihre Angehörigen dürfen in Istein wohnen - 5 Jahre lang. Der Fürstbischof von Basel wird ihnen keine Verlängerungen ausstellen, nach 1580/81 wird das rechtsrheinische fürstbischöflich-baslerische Territorium judenfrei sein. Die christliche Mehrheitsbevölkerung setzt sich durch.


Zeitlich befristete Aufenthaltsbewilligungen, auf deren Verlängerung (oder Nicht-Verlängerung) der/die Betroffenen nur hoffen können. Völlig willkürlich gehandhabt. Die Familien sind dieser Willkür ausgeliefert, eine längerfristige Lebensplanung wird ihnen unmöglich gemacht. Jeder Wohnortwechsel ist riskant - niemand ist verpflichtet, sie aufzunehmen. Jeder Wohnortwechsel ist teuer. Jeder Wohnortwechsel bedroht die wirtschaftliche Existenz.

Auch im 17., 18., frühen 19. Jahrhundert werden jüdische Familien unter dem Damoklesschwert der Nicht-Verlängerung ihrer Schutzbriefe leben. Höchstens zwei, drei Familien pro Ort. Höchstens ein erwachsener Sohn, der sich im gleichen Herrschaftsbereich niederlassen darf, wie die Eltern.

Ohne Schutzbrief keine Heirat, keine Kinder. Ohne Schutzbrief ein Leben als Knecht/Magd (im Elternhaus, bei Verwandten oder anderswo). Oder auf der Straße (als Bettler, Vagant, als Gauner).
 

(Text: Museum in der ‘Alten Schule’ / Dr. Maren Siegmann / 2024)

 

Schreiben des Obervogts zu Belfort an den „Fürsten vnd Herren Herren Melchiorn Bischoffe zu Basell" , 31.3.1574

“Nachdem der durchleuchtigist hochgebornen fürst vnd herr, Ferdinand Ertzhertzog zu Ossterreich &c mein genedigster herr, Auf nechst gehaltnem Landtag deß verschinen .73. Jars, Auf Anhalten der dreyen ständten Irer F: dt: vorderÖssterreichischer landen, den Juden außgebieten vnd nit mehr, Inn solchen Landen seßhafftig zu wonen genedigst gewilligt, Vnd den Juden solchs, zu erstatten ernstlichen gebietten lassen, Dem sy dan billichen, biß auf ferere vnd wider begnadigung vnderthenigst gehorsamen müessen, vnd sollen, Vnd dieweil sy dan Also ghelingen, wie sy Anzeigen mit Irem grosen schaden weichen müessen, vnd merertheils, nit wissen wahin sy bis zu Irer nottwendigen gelegenheit keren sollen, Vnd doch E: F: gn: Villeicht auß Erbermt, noch etliche Inn Irem Landt gedulden, So hatt mich zaiger, Benedict Judt, so deß Alten Haimen von Eisenheim sühn, der Inn der zeit meiner verwaltigung Altkürch zwelff Jhar hinder meinen herren Als Pfandherren, zu Eisenheim geseßen Er, vnd Auch diser sein sühn sich zimblicher massen ohn clag gehalten, ... [um diese] fürschrifft damit Er Inn E: F: gn: Landt nemblich zu Instain, wa nit beharlich doch ein Jhar, oder Zeitlang whonen vnd Ihne enthalten genediglich vergünnen wolten vnderthenig gebetten, Dieweil Er mir danwie gehert bekant hab Ich nit vnderlaßen, auf sein hoch Ansuchen Ime, An E: F: gn: dise fürschrifft erthaillen wellen, Der vnderthenigen zuuersicht, Erwerdt derenmher genießen Als entgelten vnd E: F: gn: mir sollchs nit Inn vngnedigem willen aufnemen, Vnd thuen mich zue deren diensten Jederzeit gehorsamblichen befelhen, Datum Beforth den letsten Martij Ao &c 74.”