Der Rhein (nachher)
Der Rhein hier und heute - Fluss und zwei Kanäle (Grand Canal d´Alsace, Canal Monsieur) parallel, zwischen Fluss und Canal d´Alsace eine langgestreckte Insel. Beide Ufer und beide Länder (D, F) verbunden durch Stauwehr (Märkt, D), Insel, Schleuse und Usine Hydroélectrique (Kembs, F). Die Bauwerke sind allesamt sehr sehenswert!
Die Île du Rhin ist zum Teil Naturschutzgebiet (gesperrt) und zum Teil Naherholungsgebiet, zugänglich zu Fuß oder per Velo.
Der Rhein (vorher)
“Von der badisch-schweizerischen Grenze abwärts bot der Rhein das Bild eines Wildstromes, der mit seinen zahlreichen Armen und Gießen, Inseln und Kiesbänken einen Landstrich von mehreren Kilometern Breite einnahm und, seinen Lauf fortwährend verändernd, bald hier, bald dort ausschweifend, fruchtbare Gelände und Ortschaften zerstörte. Unterhalb der Murg war der Lauf zwar mehr geschlossen, aber in weiten Krümmungen gewunden, in denen Hochwasser und Eisgänge sich stauten und verheerende Überschwemmungen verursachten. In den scharfen Krümmen riß der Strom fort und fort die Ufer ein, bis er auch hier - oftmals plötzlich die Landzungen durchbrechend - seinen Lauf änderte. Große Flächen mit fruchtbarem Boden bedeckten Landes waren versumpft, der Verkehr mit den Rheinorten zu Wasser wie zu Lande war überaus erschwert, die Bewohner litten fast überall unter Fieberkrankheiten und auch hier wurden manche Orte teilweise vernichtet, einige, weil häufig überschwemmt und fortwährender Gefahr ausgesetzt, verlegt.”
Max Honsell 1885, zum Zustand des Rheines 1830
Der Rhein war noch im 19. Jahrhundert ein Wildstrom. Zwischen Basel und Karlsruhe durchzog er in zahlreichen Flussarmen auf zwei bis drei Kilometer Breite sein Tal, gespeist von schwemmstoffreichem Flusswasser und nährstoffarmen Quelltümpeln (Gießen). Von Karlsruhe bis Mainz bildete er weit ausholenden Schlingen. Mit ständig schwankendem Wasserstand umfloss er zahlreiche Inseln und ungezählte Sand- und Kiesbänke. Das Rheintal bildete eine Auenlandschaft mit sehr unterschiedlichen Lebensräumen: vom Spülsaum aus Kiesschotter, Röhricht, eine Weichholzaue mit Weiden und Pappeln bis zur höher gelegenen Hartholzaue mit einem Bewuchs aus Eiche, Ulme, Esche und Erle.
Flussarme und Gießen boten Raum für Fische mit unterschiedlichsten Ansprüchen an Wassertemperatur und -tiefe, Strömung und Nährstoffgehalt: 44 Fischarten beschreibt der Straßburger Fischer Baldner 1666 in seinem “Vogel- Fisch und Thierbuch”. Bedeutend waren Arten, die zum Laichen wanderten, wie Maifische, Barben,´Salme´ (Salmo salar flussauf), Aale und ´Lachse´ (Salmo salar flussab). Massenfänge waren nichts ungewöhnliches - die (grätenreichen und deshalb preisgünstigen) Nasen z.B. holte man Jahr für Jahr zu Zehntausenden aus dem Fluss.
Der Rhein war aber nicht nur ein amphibischer Lebensraum mit einer großen Artenvielfalt (inklusive Rheinschnake und Malariamücke), er war auch Grenze. Hoheits- und Staatsgrenze war sein Talweg: der schiff- bzw. flößbare Hauptarm mit der tiefsten Fahrrinne. Die Bann- und Gemarkungsgrenzen zwischen den Dörfern waren festgelegt und mit Grenzsteinen markiert. Eigentlich ganz einfach. Bis zum nächsten Hochwasser.
(Text: Museum in der ‘Alten Schule’ / Dr. Maren Siegmann / 2024)