Das Stadtberger Schlössle
Das Stadtberger „Schlößle“ wurde 1586 vom Baumeister Hans Holl (1512–1594) errichtet, dem Vater des berühmten Elias Holl. Die Hauschronik der Holls hält hierzu fest: „1586 dem Herrn Gienger zu Bergen im Dorf hinter Pfersen ein fein Schlößlein von Grund auf erbaut sammt dem Bau-Hof, darin Abseithen zu Viehställen, Stadel und anders mehr.“ Augsburger Patrizier nutzten das Schlössle als Landsitz. Ab 1886 gehörte es der Freifrau Ella von Tessin. 1926 wurde es an die evangelische „Innere Mission“ verkauft und diente u. a. als Ferienheim für Kinder, Fürsorgestelle für Nichtsesshafte und als Schullandheim.
1941 wurde in dem Gebäude ein Betsaal für die kleine evangelische Gemeinde errichtet. 1971 errichtete das "Diakonische Werk" in dem Gebäude ein Altenheim.
Aus: Werthefrongel, Thomas (Verf.) und Stadt Stadtbergen (Hg.) (2018): Rückblende. Stadtbergen, Leitershofen, Deuringen auf alten Fotografien. Erweiterte Dokumentation zur Ausstellung im Rathaus Stadtbergen vom 19. Mai bis 16. Juni 2017. Nachdruck Juli 2018. Augsburg: Popp Medien, S. 25.
Quellenzitat: https://digital.ub.uni-duesseldorf.de/ihd/content/pageview/8754854.
Architekturgeschichtliche Näherung
Das „Schlößle“ ist bei der letzten Renovierung in seinem Detailreichtum stark reduziert worden, wie fotografische Aufnahmen der Jahre 1950 und 1930 zeigen. Die aus zwei längsseits aneinandergefügten Satteldachbauten gebildete Anlage wendet den westlichen Doppelgiebel zur Bauernstraße und folgt dabei deren kurvigem Verlauf mit einem kleinen Knick, während sich östlich ein größeres Gartengrundstück anschließt. Die hier gegebenen drei Geschosse bis zum Giebel reduzieren sich wegen des Geländeanstiegs nach Westen auf zwei Geschosse zur Straße hin.
Die beiden Giebelfassaden sind von etwas unterschiedlicher Breite, was bei gleicher Fisthöhe verschiedene Dachneigungen bedingt, jedoch jeweils drei Fensterachsen erlaubte. Zwei kleinere Fenster belichten die durch ein flaches Putzband abgesetzten Giebelgeschosse, darüber sitzen kleine Rundöffnungen im Winkel unter dem First. Die Südwand weist vier Achsen auf, die Nordwand ist modern verbaut. Nur die Fenster der zur Straße gerichteten Westseite sind mit Läden versehen. Die untere Reihe ist wie im selben Geschoss der anderen Fassaden durch schmale Gesimsstücke "verdacht", ein Akzent, den der an der Süd-Ostecke angebaute doppelgeschossige und fünfseitige Erker, der heute flachgedeckt ist, als Zwischengesims wieder aufnimmt. Am besten erhalten erscheint noch das ziemlich genau in der Mitte der Gartenfassde sich öffnende Renaissance-Portal aus der Bauzeit von 1586, dessen toskanische Pilaster einen waagrechten, seitlich mit Triglyphen besetzten Architrav tragen, den ein von kräftigen Gesimsprofilen gebildeter Dreiecksgiebel bekrönt, in dessen gesprengter Spitze eine kleine Sockelpyramide steht.
Anders als in der allgemein doch ähnlichen Situation beim Unteren Schlösschen in Leitershofen ist hier der Garten in etwa auf die Schlossfassade bezogen. Südlich des benachbarten ehemaligen Gärtnerhauses (Bauernstraße 24) verläuft heute noch die alte Gartenmauer nach Osten und stößt an der Südostecke an einen Pavillon, der in verkleinerter Ausführung demjenigen beim Unteren Schlösschen in Leitershofen von 1766 weitgehend entspricht. Die Ost- und die heute durch das Altenheim verbaute Nordgrenze des Gartens sind noch in etwa nachvollziehbar, doch über die frühe Binnenstruktur, deren künstlerische Durchbildung der genannten Pavillon zumindest für die Rokkokozeit erwarten lässt, ist in der heutigen Situation auch hier kein Hinweis mehr zu finden.
Aus: Leudemann, Norbert (1992): „Bau- und Kunstdenkmäler der Marktgemeinde Stadtbergen“. In Gunther Gottlieb, Walter Plötzl (Hrsg.): Geschichte der Marktgemeinde Stadtbergen. Stadtbergen, Leitershofen, Deuringen, S. 255–298, hier S. 295–296.
Glossar
Architrav: Ein auf einer Stützenreihe ruhender Horizontalbalken.
Erker: Ein überdachter Vorbau an der Fassade.
Gesims: Ein horizontales Bauglied, das der Gliederung der Fassade dient.
Pilaster: Ein Wandpfeiler mit Basis und Säulenknauf.
Triglyph: Platte am Fries (lineares, meist waagrechtes Stilelement) der dorischen Ordnung (eine der fünf klassischen Säulenordnungen).
Verortung: Bauernstr. 26 (Ortsteil: Stadtbergen).