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Station 6 - Das Gemeindehaus

Beschreibung

Das Gemeindehaus entstand in einer Zeit als Versammlungen und Kundgebungen an der Tagesordnung waren.
Am 12. Februar 1936 begann mit dem ersten Spatenstich das Ausheben des Fundamentes. Unter Anleitung des Fronmeisters Lutz bewegten die Wannweiler Vereine in Eigenleistung innerhalb nur 10 Tagen 520 m³ Erde. Genannt sind Gesangverein, Sportverein, Schützenverein, Freiwillige Feuerwehr, NSDAP-Formationen und Privatleute „an die niemand gedacht hätte“. Schon am 6. Dezember 1936 konnte das Haus eingeweiht werden. Vorher waren Zusammenkünfte auf die Säle im Gasthaus Zum Ochsen, der Linde oder im Hirsch angewiesen. In der Einladung, welche von Ortsgruppenleiter Bohnet und Bürgermeister Zanzinger unterzeichnet ist, wird das Gebäude „Gemeindehaus Wannweil“ genannt. Die damalige Ausstattung ist im Lauf der Zeit in Vergessenheit geraten und soll hier nochmals erwähnt werden: Der große Saal maß 27,24 x10,24 Meter und war 4,10 Meter hoch. Eine Kleinkinderschule in zwei Räumen mit zusammen 122 m² war im großen Saal abgetrennt. Im Untergeschoß bekamen Hitlerjugend und Jungvolk 61 m². Bund Deutscher Mädel und Jungmädelbund 50 m². Ferner eine Hauswirtschaftsschule, ein Bügel- und Lehrzimmer, ein Werkunterrichtsraum sowie ein Lese- und Sitzungszimmer. Neu war ein öffentliches Bad mit zwei Einzelbädern und ein Brausebad. Nicht fehlen durfte damals ein Geschäftszimmer der Ortsgruppe Wannweil der NSDAP und ein Geschäftszimmer der NSV (Nationalsozialistische Volkswohlfahrt). Zwei Kinderschwesterwohnungen, eine Krankenschwesterwohnung und eine Hausmeisterwohnung befanden sich im Obergeschoß. Die Baukosten betrugen nach Abzug freiwilliger Beiträge in Höhe von 11.213 RM noch 102.973 RM. Die Schuldenlast von 25.000 RM konnte von den laufenden Einnahmen des Betriebes gedeckt werden.

In der Zeit bis zum Zusammenbruch der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft wurde unser Gemeindehaus auch als Adolf-Hitler-Haus bezeichnet. Es sah in diesen unseligen Jahren viele, viel zu viele Uniformen. Wehrmachtsuniformen wenn z.B. den genesenden Soldaten der Reutlinger Lazarette eine Kaffeetafel gegeben wurde oder braune Uniformen wenn „Goldfasane“ (NSDAP-Mitglieder mit goldenem Parteiabzeichen) tagten. Aber nach 1945 ging es wieder mit Uniformen weiter. Wenn höhere französische Offiziere ihre Besatzungssoldaten besuchten, wurde natürlich im Gemeindehaus repräsentiert und gefeiert. In den ehemaligen Parteiräumen gründete 1948 der erste hier ansässige Hausarzt Dr. Kuno Strohm seine Praxis. Auch ein Ausweichklassenzimmer der Volksschule wurde eingerichtet. Der Kindergarten wurde ab 1946 von der Ev. Kirche weiterhin in den vorhandenen Räumen betrieben. Dazu wurde die 1938 entlassene Kinderschwester Emma Schallenmüller wieder eingestellt. Sie wurde vom Dienst entlassen, weil sie in der Freizeit für die Kirche und nicht für die Partei tätig war. Bis 1971 wurde hier der Kindergartenbetrieb aufrechterhalten und zog dann in das von der Ev. Kirche neu erbaute Nachbargebäude um. In den 50er Jahren wurde am Nordgiebel ein Filmvorführraum angebaut. Die "Filmbühne Wannweil" entstand und wurde am 18. November 1950 mit dem Film „Arabische Nächte“ eröffnet. Es war das erste und einzige Kino am Ort. Es wurde von den Familien Gaiser und Mornhinweg am Wochenende betrieben. Mit dem Kinosterben in den 70er Jahren wurde auch diese Filmbühne aufgegeben.
Zimmermeister Albert Lentmaiers Richtspruch von 1936 war harmlos für diese Zeit, folgende Verse können unser Gemeindehaus weiterhin für uns und den kommenden Generationen begleiten:
“Doch schufen wir auch im Verein und sparten Mühe nicht noch Fleiß,
nicht unsrer Hand gebührt der Preis, der Segen muss von oben sein.
Gott gab dem Werke das Gedeih´n er mög in seiner großen Güten
auch fortan dieses Haus behüten und den Bewohnern gnädig sein.

Nahezu 25 Jahre blieb das Haus unverändert. Unter Bürgermeister Rüdiger Scherret wurde innen grundlegend saniert und neu möbliert. Am 15. April 1972 konnte die zweite Wiedereinweihung gefeiert werden. Namentlich erwähnt seien auch die beiden ersten Hausmeisterehepaare. 31 Jahre lang, bis 1974 betreuten Karl und Berta Rein das Haus, ihnen folgten bis 1982 Heinrich und Maria Hauerwas. 

Als nach einer größeren Sanierung und Umbaumaßnahme 2006 das Gemeindehaus zum dritten mal eingeweiht wurde, war das von außen behutsam modernisierte Haus innen garantiert nicht wieder zu erkennen. 
Für große Veranstaltungen der gewachsenen Gemeinde wurde das Gemeindehaus, welches man nicht mehr nach einer Person benannte, allmählich zu klein. Die Planung einer Mehrzweckhalle neben der Uhlandschule nahm mit dem Baubeginn 1985 Gestalt an und am 4. April 1987 wurde die Halle eigeweiht. Sie wurde auch die Turnhalle der Uhlandschule, stand für Sportveranstaltungen, für die Vereine und private Feste zur Verfügung. Es war naheliegend und unverfänglich sie „Uhlandhalle“ zu nennen.