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Station 1 - Rathaus

Zustand Rathaus 1930 vor dem Umbau. Logo Geschichtswerkstatt
Zustand 1930 vor dem Umbau. Hinter den Toren war die Feuerwehr untergebracht. Im 1939 entfernten Dachreiter befand sich die Rathausglocke.

Beschreibung

Neues Rathaus seit 1996, altes Rathaus von 1839 bis 1996

Im März 1994 schuf Bürgermeister Rüdiger Scherret mit dem ersten „Baggerbiss“ sichtbare Tatsachen zum neuen Rathausbau. Das über 150 Jahre alte Rathaus auf demselben Areal konnte nicht mehr sinnvoll erweitert werden und wurde abgebrochen. Bis 1839 befand sich das Amtszimmer des Schultheißen im gemeinsamen Schul- und Rathaus in der Taubengasse, wie damals die Dorfstraße genannt wurde. Wannweil war ein Bauerndorf mit etwa 600 Einwohnern, ein Ort mit um die 100 Häusern, einem Viehbestand von etwa 50 Pferden, 170 Rindern, 200 Schafen und 20 Schweinen. Man las in der Zeitung, dass zwischen Nürnberg und Fürth eine neuartige Eisenbahn fuhr, Graf Wilhelm von Württemberg den Lichtenstein neu erbauen will und beim Lichtenstein ein Wolf mit 80 Pfund geschossen wurde. Ein Bevölkerungszuwachs von 492 Einwohnern innerhalb von 10 Jahren auf über 600 im Jahr 1836 machten ein zweites Schulzimmer notwendig. Der Gemeinderat beschloss deshalb im Juni 1838 den Neubau eines Rathauses und erwarb sogleich den Platz neben der Zehntscheune welche damals unmittelbar neben der Kirche stand. 1839 konnte das neue Rathaus eingeweiht werden. Die Baukosten betrugen 5.782 Gulden, für die Rathausglocke nahm Glockengießer Kurtz aus Reutlingen 174 Gulden. Einen nicht unerheblichen Kredit in Höhe von 1.500 Gulden gab der mit dem damaligen Gemeindepfleger Mayer befreundete Dichter und Tübinger Professor Dr. Ludwig Uhland zu einem günstigen Zinssatz von 4%. Der für die neue Schulklasse eingestellte Lehrgehilfe verdiente jährlich 130 Gulden. 100 Jahre lang konnten nun die Amtsgeschäfte in den Kanzleiräumen im oberen Stockwerk des Rathauses geführt werden. Im Erdgeschoß befanden sich damals der Aufbewahrungsraum für die Feuerspritze, die Polizeiwache und das Ortsarrest. Der Dachstock wurde nur als Bühne benutzt. Im März 1939 wurde das Bürgermeisteramt vorrübergehend ins neu erbaute Gemeindehaus verlegt und mit einem großen Umbau begonnen. Dieser war im September 1939 beendet und kostete 51.000 Reichsmark. Seither waren im Erdgeschoß die Gemeindepflege, eine Zeitlang die Polizeiwache, das Einwohnermeldeamt und Standesamt untergebracht. Im Obergeschoß war neben der Kanzlei des Bürgermeisters ein großer Sitzungs- und Trauungssaal. Im Dachstock befanden sich Räume für die Registratur, später wurden noch Büros für Ortsbauamt und Notar eingerichtet. Die handwerklichen Arbeiten wurden von Wannweiler Betrieben ausgeführt, die Bauleitung lag in den Händen von Fronmeister Lutz. Ein weiterer und letzter Umbau wurde 1973 notwendig. Der Eingang wurde von der Hauptstraße weg auf die Nordwestseite verlegt, der Sitzungssaal wurde restauriert, die Amtsräume des Bürgermeisters modernisiert und neu eingerichtet. Nach diesem Umbau hat sich das Rathaus noch mehr als 20 Jahre bewährt. 

Schultheiß war von 1822 bis 1853 Johann Georg Brucklacher (1793-1862). Er wurde abgelöst von seinem ehemaligen Gemeindepfleger Mayer, welcher das Schultheißenamt bis zu seinem Tod im Jahr 1877 bekleidete. Gemeindepfleger Heinrich List, geboren 1841 in Pfullingen, war nun Schultheiß, starb aber ein Jahr später. Der Sohn Martin des früheren Schultheiß Johann Georg Brucklacher wurde nun von 1878 bis 1909 Wannweiler Schultheiß. Nach Otto Molfenter und Albert Schäfer wurde 1932 Albert Zanzinger gewählt. Seit der deutschen Gemeindeordnung von 1935 hieß das Schultheißenamt nun auf dem Dorf Bürgermeisteramt. Bürgermeister Zanzinger fiel am Heiligabend 1943 in Russland. Nach dem Zusammenbruch wird Wannweil am 25.4.1945 zur Stadt Reutlingen eingemeindet. Diese Zwangseingemeindung, welche zur besseren Nahrungsversorgung der Stadt beitragen sollte, dauerte bis 1948. Als erster Nachkriegsbürgermeister wurde 1949 Willy Obermüller gewählt. Dessen Nachfolger im Wannweiler Rathaus, Rüdiger Scherret war vom Januar 1967 bis Januar 1995 im Amt. Die erste Bürgermeisterin in Wannweil, Frau Anette Rösch, am 27.11.1994 gewählt, durfte nun am 11. November 1996 das neue Rathaus einweihen und eine neue Epoche Wannweiler Ratsgeschehen beginnen. Sie gab im Januar 2019 den Stab an den im Oktober 2018 gewählten Dr. Christian Majer weiter. 

Der 2. Lehenshof stand zusammen mit dem Gasthaus Zum Hirsch und dem alten Rathaus auf dem Rathausareal Link: https://simonwolperth.blogspot.com/2009/05/wannweil-und-seine-15-lehenshofe-der-2.html