Stadt.Land.Kultur. > Wannweil >

Station 18 - Untere Mühle

Beschreibung

Die Untere Mühle 

Erbaut 1835 als Öl-, Schleif-, Reib- und Sägemühle. Eine Getreidemühle gab es schon seit zwei Jahren am oberen Ortsende. 1840 wurde auch eine Getreidemühle und 1855 eine Gipsmühle eingerichtet.
Der erste Müller Martin Kern, geboren 1806 in Wannweil, Zimmermann und Sägmüller , verkauft die untere Mühle 1846 an Wenzeslaus Merkt für 10.010 Gulden und ist „nach Amerika entwichen“, wie es im Kirchenbuch vermerkt ist. Merkt konnte die Mühle nicht halten und musste sie zwangsverkaufen. Auch er wandert mit Frau und 6 Kinder nach Nordamerika aus. 1849 übernimmt der Wannweiler Weber Johann Georg Hipp die Mühle für 7.000 Gulden. Hipp hatte drei Töchter und keinen Nachfolger, so wechselte die Mühle nach 16 Jahren wieder den Besitzer. Müller Johann Michael Huober, Spross einer Müllerfamilie, zieht 1865 von Gutenberg nach Wannweil und übernimmt die untere Mühle. Sie bleibt nun vier Generationen in Familienbesitz. Nachdem Sohn Karl Huober 1931 mit 66 Jahren starb, heiratete 1933 Walter Unsöld in den Betrieb ein. Die Sägmühle wurde aufgegeben, das Gebäude modernisiert und der Betrieb als Getreidemühle fortgeführt. Die Mühle wurde schließlich im September 1972stillgelegt. Im Zuge der Echazkorrektion wurde der Wasserkanal zurückgebaut und das Wasserrad wurde entfernt. Bis zuletzt wurde die Mühle mit Wasserkraft und elektrisch betrieben. Müllermeister Karl Unsöld, der Urenkel Huobers, war mit 35 Jahren noch jung genug, sich eine neue Stelle als Müller zu suchen.

Genaue technische Beschreibung des Antriebes und der Wasseranlage 1890
Bitte nicht korrigieren und den amtlichen Originaltext belassen.
(Kann auch extra verlinkt werden, damit der Bericht nicht zu lang wird. Es wäre schade, den Bericht zu kürzen.)

Untere Mühle Wannweil. T 69 an der Echaz.   (T 69 ist das 69. Triebwerk von der Echazquelle an gezählt).

Abschrift einer Akte vom 22.08.1890 mit Anhang vom 01.06.1927 (Gemeindearchiv Wannweil L9)

Schwarzwaldkreis, Oberamt Reutlingen, Gemeinde Wannweil.
Beschreibung über die Wasserwerkanlage des Müller Michael Huober in Wannweil.

Wie aus den Vorakten zu entnehmen ist, wurde die fragliche Stauanlage am 6. Februar und 10. Juni 1835 von der königlichen Kreisregierung zu Reutlingen zum Betrieb einer Öl- Schleif- Reib- und Sägemühle conzessioniert und im gleichen Jahr erbaut. Am 24. Januar 1840 wurde auch die Einrichtung einer Getreidemühle gestattet. Laut Protokoll vom 24. August 1855 diente sodann die Stauanlage zum Betrieb einer Getreidemahl- Hanf- Reibe und Sägemühle, sowie zum Betrieb einer Gipsmühle. Anlässlich eines im Jahr 1883 angebrachten Konzessionsgesuchs von den Besitzern der unterliegenden Stauanlage, der Firma Schirm und Mittler wurde ermittelt, dass der Bestand des Wasserbaues damals schon im Besitz des Müller Huober tatsächlich nicht mehr dem Protokoll vom 24. August 1855 entsprochen hat, vielmehr concessionswidrige Änderungen an denselben vorgenommen waren. Am 7. Dezember 1885 hat hierauf Huober um Konzessionierung seines Wasserbaues im damaligen Bestand und um weitere Veränderungen nachgesucht. Diesem Gesuch wurde durch Genehmigungsurkunde der königlichen Kreisregierung zu Reutlingen vom 10. September 1886 entsprochen, bzw. die hernach kontrollierte Anlage im dermaligen Bestand durch Urkunde vom 4. März 1890 genehmigt. 
Es wird nun nachfolgend der Beschrieb der Stauanlage gegeben.
Die Stauanlage des Müller Michael Huober liegt am linken Ufer des Echazflusses auf Markung Wannweil und am westlichen Ende des Ortes. Sie dient derzeit zum Betrieb einer Getreidemahlmühle in Gebäude No. 83 und einer Sägemühle und Hanfreibe im Gebäude No. 83a. Behufs Zuleitung des Wassers zum Betrieb dieser Werke ist cirka 48 m oberhalb dem Gebäude N0. 83a vom linken zum rechten Flußufer schräg aufwärts gehend ein auf hölzernen Pfählen ruhendes und mit hölzernem Wehrfachbaum und am linksseitigem Ufer mit Grundablass versehenes Überfallwehr eingesetzt. Das Wehr nebst Grundablass hat eine Breite von 20,22 m, während der Wehrfachbaum 2,84 m unter der Eichklamme für das Huobersche Wasserwerk liegt, auf deren Horizont alle Höhenmaße der folgenden Beschreibung bezogen sind. 

Über die Setzung der fraglichen Eichklamme enthält das Protokoll vom 24. August 1855 wörtlich: „die Eichklamme wurde an der nördlichen Seite oberhalb der Arbeitsfalle zu dem Gipsmühlerad in einen Tuffstein eingelassen und eingekittet und ist der obere Flügel derselben acht Zoll, acht Linien lang, einen Zoll fünfeinhalb Linien breit, der senkrechte Flügel fünf Zoll, acht Linien lang, ein Zoll acht Linien breit. Die Dicke des Eisens beträgt ein und eine halbe Linie. Auf derselben ist, wie nebenstehende Skizze zeigt, der Name des jezigen Besitzers und die Jahreszahl eingemeisselt.“
Auf dem Wehrfachbaum steht ein an lose, leichte Stotzen angelegter Bretterausatz von 0,28 m Höhe, dessen Oberkante 2,56 m unter der Eichklamme liegt. Am linkseitigen Ende Ende des Wehres befindet sich der im Licht 2,58 m weite Grundablass, dessen Schwelle liegt 3,10 m und die Fallenoberkante 2,56 m unter der Eichklamme. Die Grundablassfalle wird mittels eines Schwengels vom linken Ufer aus bedient. Neben dem Wehr sind die beiderseitigen Flußufer und vom Wehrfachbaum flußabwärts auf 10,80 m bzw. 11,40 m Länge mittels Mauern gefasst. Der Abflußboden des Wehres besteht zwischen Holzrost aus Steinpflasterung und ist oben mittels Bretter abgedeckt. Auf der linken Seite des Wehres zweigt der cirka 50 m lange Oberkanal ab. Der Kanaleinlaß besteht aus zwei mit Kette und Welle versehene Fallen samt Gestell und schließt sich unmittelbar an das Wehr an. Die Lichtweite der linken Falle ist 2,07 m, diejenige der rechten Falle 1,98 m. Die Fallenschwelle liegt 3,16 m und die Fallenoberkante 2,05 m unter der Eichklamme, während die Fallentafeln 1,11 m hoch sind. Die Fallen werden mittels dem Ketten- und Wellenaufzug von einem hinter den Fallen über den Oberkanal gelegten Dielen gehandhabt. Der Oberkanal ist 3,0 m bis 4,2 m breit und liegt seine Sohle am Anfang 3,15 m und beim Leerschuß 3,32 m unter der Eichklamme. Die Kanalsohle besteht aus dem natürlichen Erdreich, der Kanal hat senkrechte Seitenwände, welche rechts durch eine Dielwand, links durch eine Mauer gesichert sind. Der Leerschuß hat zwei Fallen von je 1,33 m Lichtweite und 1,76 m Höhe. Dessen Schwelle liegt 3,32 m und dessen Fallenoberkante 2,56 m unter der Eichklamme. Derselbe liegt am rechtseitigen Ende des Oberkanals. Diese 2 Fallen werden ebenfalls vom Fallensteg aus mittels Ketten und Wellenaufzug bedient. Der anschließende von Holz erstellte Leerschußkanal ist vergl 2,30 m im Licht weit und liegt dessen Sohle am Ende 3,96 m unter der Eichklamme. Von dem Leerschuß bis zur Radfalle des Rads No 1 ist ein 4,62 m weites hölzernes Zulaufgerinne an dessen Ende die 0,69 m im Lichten weite Radfalle des Rads No 1 eingesetzt ist, deren Schwelle 3,21 m unter der Eichklamme liegt. Dieselbe wird mittels mechanischem Getriebe vom Innern der Sägmühle aus gehandhabt. Das Sägmühlenrad 1, welches auch zugleich die Hanfreibe treibt ist 3,90 m hoch, 0,74 m breit und liegt dessen Wellbaummittel 2,78 m und der Radrinnenboden 4,75 m unter der Eichklamme. Das cirka 13,30 m lange Gerinne für die Mahlmühle ist am Anfang neben der Radfalle für das Sägmühlenrad 2,24 m weit und verbreitert sich unmittelbar vor den Radfallen bis auf cirka 3,90 m. Die Sohle dieses Gerinnes liegt am Anfang 3,21 m und am Ende 3,25 m unter der Eichklamme. Am Abschluß desselben ist das Fallengestell für die Mahlmühle. Die Arbeits- oder Radfalle für Rad 2 ist 0,82 m im Licht weit, ihre Fallenschwell liegt 3,22 m und die Fallenoberkante 2,38 m unter der Eichklamme. Der Leerschuß rechts von dieser Falle ist 1,28 m im Licht weit, die Fallentafel 0,96 m hoch, die Schwelle liegt 3,25 m und die Fallenoberkante 2,56 m unter der Eichklamme. Das Rad 2 ist 0,80 m breit, 4,45 m hoch, sein Radmittel liegt 2,80 m und der Radrinnenboden 5,03 m unter der Eichklamme. Das Gerinne für Rad 3 ist cirka 6,80 m lang, 1,45 m im Licht weit und liegt mit seiner Sohle 3,17 – 3,21 m unter der Eichklamme. Die Radfalle 3 ist ist im Licht 1,36 m weit und liegt deren Schwelle 3,15 m unter der Eichklamme. Das Rad 3 ist 1,40 m breit und 4,56 m hoch, sein Mittel liegt 2,51 m und der Radrinnenboden 4,89 m unter der Eichklamme. Die Radfallen 2 und 3 werden mittels mechanischem Getriebe vom Innern der Mühle aus aufgezogen, während die zweite Leerschußfalle mittels Ketten- und Wellenaufzug gehandhabt wird. Vor den sämtlichen Arbeitsfallen sind hölzerne bis auf die Gerinnensohle reichende Rechen angebracht. Zwischen den Rechen und den Radfallen bzw. der Radstube ist das Gerinne mit Dielen bedeckt. Die Räder sind mit hölzernen Radstuben umgeben. Die Getriebe sind gefahrausschließend verwahrt. Der in das natürliche Erdreich eingeschnittene Unterkanal ist cirka 110 m lang und 3,0 bis 4,80 m breit, seine Sohle liegt im Radhaus 5,19 m und am Auslauf 5,40 m unter der Eichklamme. Dessen beiderseitige Ufer sind mit Gebüsch bewachsen, nur am Ende des Unterkanals besteht am rechten Ufer eine kurze Zunge von aufeinander gelegten Balken.

Vorschriften:
Die Grundablass- und Leerschußfallen sind derart zu handhaben, daß die zulässige Stauhöhe, das ist. 2,56 m unter der Eichklamme, nicht ohne Not überschritten wird. Die zwischen dem Zulaufkanal und dem Wildbett liegende Parzelle No. 46 ist stets auf Kanalmauerhöhe, das ist vergl. 2,35 m unter der Eichklamme zu belassen und darf nur mit Holz bepflanzt werden, das von anlaufendem Wasser leicht umgelegt wird. Der Nutzeffekt der Wasserkraft beträgt bei einem freien Gefäll von 2,14 m und einer mittleren Wassermenge von 1300 Liter pro Sekunde rund 37 Pferdekräfte (1300 mal 214 geteilt durch 75).
Das zunächst oberliegende Wasserwerk ist die Mahlmühle von Müller Schlayer und das zunächst unterliegende Wasserwerk die Mechanische Weberei der Firma Schirm und Mittler, beide auf Markung Wannweil.

Gefertigt Reutlingen, den 22. August 1890. Unterschrift NN
Anerkannt: Schlayer, Schirm und Mittler, Mühlenbesitzer Huober, Schultheiß Brucklacher.
Geprüft: Reutlingen, den 6. September 1890, Unterschrift NN

Anmerkung: Das beschriebene Wehr wurde durch Hochwasser am 4. Juni 1926 zerstört und in veränderter Weise wieder aufgebaut. Die Ausführung erfolgte etwa 1,8 m oberhalb des früheren Wehres in Beton unter Weglassung des beweglichen 28 cm hohen Brettetaufsatzes. An Stelle einer Grundablassfalle im Wehr von 2,67 m lichter Weite sind nun 2 Grundablassfallen von je 3,00 m lichter Weite eingebaut worden. Die bisher genehmigte Stauhöhe von 2,40 m unter der Eichklamme von 1855 wurde beibehalten.  (Genehmigungsurkunde vom 1.6.1927)