Die Spinnerei und Weberei bestand von 1868 bis 1987
Fast zeitgleich mit der unteren Fabrik gründeten Jean Hartmann und W. Seemann die Fabrik auf den „Eberäckern“ an der Gemarkungsgrenze gegen Betzingen. Die Spinnerei mit 7400 Spindeln wurde 1870 in Betrieb genommen. Die Finanzierung erfolgte durch Staatsrat Dr. Jean von Schlumberger, einem Vetter Hartmanns. Bereits 1895 hat die Spinnerei 290 Beschäftigte, Schirm und Mittler 283 Beschäftigte. Trotzdem blieb die „Hartmannsche Fabrik“ bedeutender für den Ort. 1904 wurde die bisherige Firma und Kommanditgesellschaft, Hartmann & Co. aufgelöst. Der Betrieb ging an die neugegründete Firma "Spinnerei &. Weberei Wannweil GmbH" über, deren Gesellschafter der bisherige Hauptteilhaber Staatsrat Dr.Jean von Schlumberger und seine 4 Söhne waren. Von diesem Zeitpunkt an befasste sich das Unternehmen nur noch mit der Herstellung von rohen und gebleichten Webgarnen, melierten Garnen und Zwirnen. Die Herstellung bunter Garne wurde aufgegeben und die Färberei eingestellt. Durch Modernisierung und Erneuerung des Maschinenparks und Erstellung einer neuen Färbereianlage war das Unternehmen in der Lage, auch in Jahren schlechten Geschäftsgangs konkurrenzfähig zu bleiben. Auch die hiesige Spinnerei & Weberei stellt sich bei Kriegsbeginn 1915 auf die Kriegszeit ein. Da die Beschaffung von Baumwolle nicht mehr möglich war, wurde der Betrieb im Jahr 1915 als einer der ersten in Württemberg auf Papiergarnspinnerei umgestellt. Bald darauf wurde er als Kriegsbetrieb und Höchstleistungsbetrieb seitens des Kriegsministeriums in Berlin anerkannt. In 3 Tag- und Nachtschichten wurden über 520 Arbeiter und Arbeiterinnen beschäftigt und jeden Tag verließ ein Eisenbahnwagen mit 5.000 Kg Garn die Station Wannweil. Nach dem Krieg wurde der Betrieb wieder auf Baumwolle ungestalt und von Grund auf neu organisiert. Direktor Lucian Gasser kommt aus dem Feld zurück und wird wieder zusammen mit A. Brun Direktor. Firmenbezeichnung: „Dr. Ernst von Schlumberger Spinnerei und Zwirnerei Wannweil bei Reutlingen“. 1924 übernimmt Richard Burkhardt aus Reutlingen den Betrieb von den Familien Brun und Schlumberger. 1934 wird Karl Conzelmann aus Tailfingen Mitinhaber der Spinnerei Wannweil. Mit 440 Mitarbeiter erreicht die Fabrik die höchste Beschäftigtenzahl außerhalb der Kriegswirtschaft, was sechs Jahre später wieder ein Thema sein wird. 1940 erhält die Spinnerei sieben Kriegsgefangene. Die Gefangenen sind in der Eberhardstraße in einer Schreinerwerkstatt als geschlossenes Lager untergebracht. Die Verpflegung erfolgt durch den Adlerwirt Künstle. Im November 1943 verlagert Daimler-Benz seine Zahnradfertigung in die Spinnerei nach Wannweil. Bis Kriegsende waren dort neben einigen wenigen Deutschen, neun niederländische, drei tschechische, sieben italienische, elf belgische, ein Pole, 106 sowjetische und 85 französische Arbeitskräfte eingesetzt. Dazu kamen die Arbeitskräfte, die bereits vor der Beschlagnahme der Spinnerei und Weberei durch Daimler-Benz dort gearbeitet hatten, wobei es sich um hauptsächlich polnische, belgische, französische und jugoslawische Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter handelte. Die in dieser Zeit entstandenen Barackenlager auf dem Fabrikgelände und in der Jahnstraße werden nach dem Zusammenbruch von der französischen Besatzungsmacht und später von Flüchtlingen, welche auch wegen den vorhandenen Arbeitsplätzen nach Wannweil kamen, belegt. Nicht zuletzt auf Grund ihres sozialen Verhaltens gegenüber der Belegschaft wurden den Fabrikanten Richard Burghardt und Karl Conzelmann 1957 und 1960 von der Gemeinde das Ehrenbürgerrecht verliehen. 1964 wird Karl Conzelmann nach dem Tod Burghardts Alleineigentümer. Bis zur Betriebsstillegung am 31. März 1987 bleibt die Firma im Besitz der Tailfinger Familie Conzelmann. 106 Arbeiter und Angestellte, davon 90 Ausländer, verlieren ihren Arbeitsplatz. Die untere Fabrik hat durch rechtzeitige Umstellung auf andere Produkte das Sterben der deutschen Textilindustrie überlebt. Nachdem in den alten Gebäuden technische Glasfasergewebe hergestellt wurden, werden jetzt in neuen Hallen von der Firma „Spritzgussa“ Kunststoffteile gefertigt.
Die Spinnerei hatte die erste uniformierte Feuerwehr Deutschlands. Link: https://simonwolperth.blogspot.com/2009/04/wannweil-hatte-eine-der-ersten.html
Die Spinnerei in der Grünungszeit Link: https://simonwolperth.blogspot.com/2011/09/spinnerei-und-weberei-wannweil-aus-der.html
Schwimmbad und Tennisplatz für die Belegschaft Link: https://simonwolperth.blogspot.com/2009/07/spinnerei-und-weberei-wannweil-um-1943.html