Die heutige Alte Pfarrgasse mit dem im Volksmund bekannten "Hinnereck" stellt den spätmittelalterlichen und ältesten Teil Blieskastels dar. Im Vergleich zum restlichen Stadtbild, das vorwiegend von einer spätbarocken Bauweise des ausgehenden 18. Jahrhunderts geprägt ist, wirken die Gassen im Hinnereck schief und die Anlage der Gebäude unsystematisch. Mit dem Ausbau Blieskastels zur Residenzstadt (1773-1793) verlagerte sich das einstige Zentrum vom Bereich Hinnereck, Alter Markt bis zur Einmündung der heutigen Schloßbergstraße in die Kardinal-Wendel-Str., hin zum Paradeplatz. Zu dieser Zeit wurden auch Gebäude in der Alten Pfarrgasse baulich verändert, so dass die spätmittelalterliche Bauweise heute nur noch in Teilen erkennbar ist.
Vom "Hinnereck" aus führt die Alte Pfarrgasse vorbei am ehemaligen Pfarrhaus zum Standort der einstigen Kirche St. Sebastian (1664-1934). Diese wurde im Zeitraum zwischen 1664 bis 1669 im Auftrag der Grafen von der Leyen, am Standort einer früheren Feldkirche, errichtet. Schutzpatron der 1680 geweihten Kirche war der Heilige Sebastian, den die Stadt Blieskastel bis heute in ihrem Wappen führt. Ihm war der Hochaltar geweiht, die beiden Seitenaltäre der Heiligen Jungfrau Maria sowie dem Heiligen Antonius. Der 1775 verstorbene Reichsgraf Franz Carl von der Leyen fand in einer Gruft vor dem Hochaltar seine erste Ruhestätte. Heute befinden sich sowohl Franz Carl, wie auch seine Gattin Maria Anna von der Leyen in der Krypta der Schloßkirche.
Im Außenbereich von St. Sebastian lag bis zum Jahr 1784 ein Friedhof. Aufgrund einer Verordnung wurden seither Beerdigungen innerhalb des Ortes untersagt, so dass ein neu angelegter Friedhof an der Straße nach Blickweiler genutzt wurde. Im Zusammenhang mit der Verlegung des Wilhelmitenklosters im Gräfinthal waren die Stiftsherren bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts in St. Sebastian untergebracht. Dort sollten sie bis zur Fertigstellung der 1788 geplanten Stiftskirche bleiben. Das Bauvorhaben verhinderten die in den 1790er Jahren eintretenden Auswirkungen der Französischen Revolution auf Blieskastel. 1809 gab die Pfarrei Blieskastel St. Sebastian endgültig auf und es folgte 1810 die Versteigerung des Gebäudes zusammen mit dem Pfarrhaus. Bis zum Abriss im Jahr 1934 wechselte die baufällig gewordene Kirche mehrfach den Eigentümer.
1980 schuf der Bildhauer Richard Menges eine Gedenktafel mit einem Abbild des Heiligen Sebastian. Diese erinnert noch heute an den einstigen Standort der Kirche: „Hier stand die St. Sebastianus Kirche erbaut Anno 1664 Pfarrkirche bis 1809 Abgetragen 1934“. Das ehemalige Pfarrhaus aus dem Ende des 17. Jahrhunderts ist noch heute, in renovierter Form, erhalten. 1973 kaufte Bäckermeister Ludwig Kuhn das Gebäude und bewahrte es somit vor dem geplanten Abriss. Der Schlussstein der Türeinfassung trägt seither die Jahreszahl 1973 und die Initialen LK.
Fotos: Stadtarchiv Blieskastel
Text: Stadt Blieskastel, Stadtarchiv Blieskastel