Häuser, in denen mehr oder minder berühmte Persönlichkeiten wohnten, wirkten oder geboren wurden, gibt es in Deutschland natürlich in großer Zahl, selbst in Wurzen ist es nicht nur eines. Das Ringelnatz-Geburtshaus gibt es jedoch nur einmal. Das Gebäude, dessen Geschichte bis 1511 zurückreicht, ist das letzte erhaltene Barockgebäude der Stadt. Hier wurde am 7. August 1883 der Maler, Schriftsteller und Kabarettist Joachim Ringelnatz als Hans Gustav Bötticher um „11 ¾ Uhr“ in einem Zimmer über dem Flur geboren, wie der Geburtsschein der Hebamme belegt. Die Gedenktafel am Geburtshaus erinnert an den sehr früh verstorbenen Künstler und wurde bereits 1945 im Beisein seiner Schwester Ottilie angebracht.
Von 1983 bis 1998 befand sich hier die einzige Ausstellung Deutschlands, die anhand wertvoller Unikate Einblick in Leben und Werk des Dichters, Kabarettisten und Malers sowie seines Vaters, Georg Bötticher, des Musterzeichners, vermittelte. Heute ist diese im Kulturhistorischen Museum in der Domgasse zu besichtigen. Der Joachim-Ringelnatz-Verein e.V. übernahm im Jahr 2016 per Betreibervertrag Öffnung und Betrieb des Hauses, in dem bereits im unsanierten Zustand regelmäßige Ausstellungen, Veranstaltungen und Führungen stattfanden. Die Wiedereröffnung nach umfangreicher Sanierung erfolgte feierlich im April 2023 und das Haus steht seitdem wieder für Ringelnatz-Freunde aus dem gesamten deutschsprachigen Raum offen.
Das angestrebte Ziel ist die schrittweise, langfristige Entwicklung des Ringelnatz-Geburtshauses zu einer literarischen Gedenk-, Begegnungs- und Forschungsstätte für ein bedeutendes deutsches literarisches Erbe und einen großen sächsischen Künstler. Die Angebote im Ringelnatz-Geburtshaus sollen einem breiten Publikum Lust auf eine Begegnung mit dem Ringelnatz’schen Erbe machen. Im Lese-Café finden Vorträge, Konzerte oder Lesungen stattfinden. Im für bis zu 70 Gäste ausgelegten Saal gibt es Puppentheater, Kabarett, Ausstellungen oder Konzerte. Für Kitas und Schulen gibt es gestaltete Führungen, im Projektraum ist Platz für Kreativkurse, Kunstprojekte oder museumspädagogische Angebote. In Kooperation mit Kunsthochschulen sollen überdies Ausstellungen und Kunstwettbewerbe organisiert werden.