Neu: Das Himmlische Vergnügen in Gott (Basel 1797)
Das Himmlische Vergnügen in Gott, oder vollständiges Gebät-Buch, auf alle Zeiten, in allen Ständen, und bey allen Angelegenheiten nützlich zu gebrauchen. Dem noch beygefüget worden viele Communion- Krankern- Sterbens- und Wetter-Gebäte; ingleichen Einhundert und fünfzig geistreiche Sterbens-Gedanken, nebst der Leidens-Geschichte unsers Herrn und Heilandes JESU Christi; wie auch Herrn Benjamin Schmolkens Morgen- und Abend-Andachten in Versen, samt dessen Morgen- und Abend-Liedern. Bey dieser neuen Auflage aber mit kürzern Morgen- Abend- und andern andächtigen Gebäten, erweckenden Betrachtungen und geistreichen Liedern, auf alle Zufälle, vermehret. Basel, bey Johann Rudolph Im-Hof und Sohn, 1797.
Ganzseitiger Holzstich als Frontispiz, Bildunterschrift: „Psalm LXIX v. 33. / Die Gott suchen denen / wird das Hertz leben.“, Rückseite vakat; rot-schwarzes Titelblatt, Rückseite vakat; 2 unpag. S: ausführliches Privilegium, unterzeichnet: „Franz [II. von Österreich (HRR)]. / (L. S.) / Vt. Fürst [Franz Gundaccar I.] zu Colloredo Mannsfeld. / Ad. Mandatum Sacrae Caesarea Majestatis / proprium. / Ign.[atius] v. Hofmann“, darunter etwa eine halbe Seite Privilegium des „Schultheiß und Rath der Stadt und Republik Bern“, datiert: „Gegeben den 11ten Augusti, 1795.“; 4 unpag. S.: „Vorrede. an [!] den Christlich-Heils-begierig und Gebät-liebenden andächtigen Leser.“, nicht datiert, nicht unterzeichnet (siehe Geschichte); 3 unpag. Bl. (= 6 S.): „Register über den Inhalt dieses Buchs.“, an dessen Ende ein etwa halbseitiges zweispaltiges alphabetisches Register über die Lieder; S. 1-816: Kopfvignette, Gebetbuch mit 72 dazwischengestreuten Liedern ohne Noten
Das Buch ist komplett online unter http://digitale.bibliothek.uni-halle.de/vd18/content/titleinfo/15656391. Im KVK und auch an vielen anderen Stellen wird das Buch als Werk von Benjamin Schmolck geführt, was ja schon allein deshalb nicht stimmen kann, weil es kein unveränderter Nachdruck und Schmolck bereits 1737 verstorben ist. Das Privilegium beginnt so: „WIR FRANZ der Zweyte, von GOTTES Gnaden erwählter Römischer Kaiser, zu allen Zeiten Mehrer des Reichs, König in Germanien, zu Hungarn, Böhmen, Dalmatien, Croatien, Sclavonien, Galizien, Lodomerien und Jerusalem; Erzherzog zu Oesterreich, Herzog zu Burgund und zu Lothringen, Großherzog zu Toskana, Großfürst zu Siebenbürgen, Herzog zu Mayland, Parma, gefürsteter Graf zu Habsburg, Flandern, zu Tyrol etc. etc. Bekennen [!] öffentlich mit diesem Brief, und thun kund allermänniglich, daß Uns Johann Rudolf Im-Hof, Vater und Sohn, Buchhändler zu Basel, unterthänigst zu vernehmen gegeben, was massen des von Unsers in Gott ruhenden Oheims, Kaiser Joseph des Zweyten Majestät und Liebden, ihnen unterm fünfzehenten May Siebenhundert Sech und Achtzig, auf anderweite zehn Jahre extendierte Druck-Privilegium über Benjamin Schmolkens, so betitelt Himmlisches Vergnügen in Gott, oder vollständiges Gebätbuch ...“. Dieses Privilegium legt zwar nahe, man habe lediglich Schmolcks Gebetbuch neu aufgelegt, aber das trifft nicht zu, im Gegenteil: der Autor der Vorrede – „ich, der Collector dieses Buchs“ – nennt an erster Stelle, was er seinem Werk zugrunde gelegt hat, nämlich das „sehr beliebte geistreiche Gebätbuch Herrn.[!] D. Mels, dessen Titel heisset: Lust der Heiligen an Jehova: dergestalt, daß dasselbe hierinne ganz, nichts ausgenommen, anzutreffen ist.“ Das Gebetbuch von Conrad Mels ist in das vorliegende Werk also komplett aufgenommen worden; dieses Buch wird bei der HeBIS auf „ca. 1712“ datiert, man findet es im KVK tatsächlich sonst nicht, aber nur, wenn man lediglich die Bibliotheken von Deutschland und Österreich und der Schweiz durchsucht; in der Kungl. Biblioteket / National Library of Sweden findet man sogar die zwei ersten (oder wenigstens frühen) Auflagen: „Franckfurt, 1715“ und „Cassel 1736“. Kurzum: das vorliegende Werk der Autorschaft Benjamin Schmolcks zuzuschlagen, ist zumindest höchst unpräzise und in Ausschließkeit falsch, ein Fehler, der nur damit zu erklären ist, daß Schmolck auf dem Titelblatt genannt wird, Mels aber nicht, und die Bibliothekare ein Opfer der Krux geworden sind, daß zwar wundervolle Bücher durch ihre Hände gehen, sie sie aber nur verzeichnen und selbstverständlich nicht alle lesen können, ich weiß, wovon ich spreche. Doch weiter in der Vorrede: „der Collector dieses Buchs“ betont ausführlich, was er selbst hinzugefügt hat: „bey dieser neuen Ausgabe hin u. wieder nicht nur kürzere Morgen- und Abend- sondern auch andre auf verschiedene Anliegen gerichtete, vornehmlich aber auserlesene Buß- Communion- und Beicht-Gebäte“, außerdem „nicht nur die ganze Paßionshistorie [...] sondern auch sie bereichert mit Einhundert und fünfzig ganz kurzen Sterbensgedanken und Seufzern“, und erst nun kommt Schmolck dazu: „Da ferner sich auch viele Liebhaber finden, die ihr Gebät gern in gebundener Rede verrichten, so habe ich auch ihrem Wunsch ein Genüge leisten, und des geistreichen Poeten und gottseligen Lehrers Herrn Benjamin Schmolkens Morgen- Abend-Andachten und Lieder beyfügen wollen, so daß das Melische Gebätbuch in dieser Ausgabe über die Hälfte vermehrt worden“ – er hat’s also nicht nur wollen, sondern auch getan; aber damit nicht genug, da die erste Auflage verkauft worden sei, habe er – der Collector – sich „mit Freuden genöthiget gefunden, zu einer neuen Ausgabe dieses Buchs zu schreiten [...] so beliebe der fromme Leser zu wissen, daß nicht nur alles dasjenige, was von der ersten Ausgabe gedacht worden, sich in der zweyten befinde, sondern, daß noch sowohl ein reicher Zusatz von kürzern Morgen- und Abend-Gebäten, samt jedwedem kurzen vor- und nachgesetzten Reimgebätlein; wie auch dieser jetzigen Auflage allerhand erweckende Betrachtungen und lebendige Aufmunterungen, nicht weniger noch ein reicher Vorrath andächtiger Gebete und geistreicher Gesänge, so auf alle Zufälle gerichtet, beygefügt worden. Also daß durch diese nunmehrige Auflage dieses Buch als ein allgemeines Hausbuch kan[!] angesehen und gebraucht werden.“ Der Autor dieser Vorrede aber, der so ausdrücklich „ich“ sagt und seine Zusätze aufzählt – wenn er auch nirgends behauptet, er habe die Zusätze selbst verfaßt – , bleibt anonym. Das kaiserliche Privileg legt die Vermutung nahe, dieses Buch habe der gemacht, der als Verleger auftritt: Johann Rudolph Im-Hof, und zwar der Vater – der Sohn würde sich ja wohl nicht als einziger „Collector“ hinstellen. Aber diese Vermutung trifft nicht zu, denn Johann Rudolph Im-Hof lebte zur Zeit dieses Privilegs schon nicht mehr, und sein namensgleicher Sohn, aus erster Ehe mit der Tübinger Cotta-Tochter Christina Dorothea, lebte da auch schon nicht mehr, Der Sohn aus zweiter Ehe, Jakob Christoph (1740-1800), führte nach dem Tod des Vaters (1778 oder 1779) Verlag und Druckerei allein weiter und firmierte „Johann Rudolf Im Hof & Sohn“, bis er Verlag und Druckerei verkaufte, und zwar im Jahr 1797, in dem vorliegendes Buch erschienen ist (diese und weitere Informationen zum Verlag unter https://ub2.unibas.ch/itb/druckerverleger/johann-rudolf-im-hof/). Man kommt auf den Gedanken, das kaiserliche Privileg könnte älter sein, schließlich ist es nicht datiert, und frühe Auflagen des vorliegenden Buches sind ab 1753 erschienen – aber Franz II. von Österreich (1768-1835) war 1792-1906 der letzte Kaiser des Heiligen Römischen Reiches (und danach, übrigens, als Franz I. der erste Kaiser Österreichs), sein Privileg, gegeben als Franz II., kann also frühestens von 1792 stammen, und er nennt ja auch das Jahgr 1786. Möglich wäre schließlich, daß das Privileg von Kaiser und Stadtrat Basel zwar vom Ende des 18. Jahrhunderts stammen, das Vorwort aber älter ist – das könnte zutreffen, denn schon die Auflage 1763 und 1765 werden als „neue Auflage“ bezeichnet; allerdings haben sie den gleichen Umfang wie die erste Auflage: 816 Seiten; trotzdem könnte die erste verkaufte Auflage, von der im Vorwort die Rede ist, die erste gewesen sein: 1753, dann wäre das Vorwort zur zweiten Auflage wohl 1763 geschrieben worden, da lebte Vater Im-Hof noch; die dritte Auflage, soweit im KVK nachweisbar, erschien 1765, das Buch hat weitere zahlreiche Auflagen erlebt, die späteren nicht mehr nur in Basel: 1776, 1790, die vorliegende 1797, und weiter: 1838, 1842, 1843, 1850, 1851, 1852, 1861, 1863, 1874, 1890, sogar noch 1905; bei der Auflage Reutlingen 1843 wird als Mitautor außer dem Reutlinger Verleger noch Johann Friedrich Stark (1680-1756) genannt
Inv. D.I.Gb.58