Magische Ausstellung im Museum für Ostasiatische Kunst
Raijin, der Donnergott, gehört sicherlich zu den imposantesten Objekten der aktuellen Ausstellung: Götter, Geister, gewaltige Dämonen, Tiere mit magischen Fähigkeiten – sie sind seit Jahrhunderten fester Bestandteil der japanischen Kunst. Ab dem 20. Juni können Besucher im Museum für Ostasiatische Kunst Köln in eine spirituelle Erlebniswelt eintauchen.
Leben mit der Natur
Die Inselnation Japan erstreckt sich nordsüdlich der asiatischen Monsunzone. Der Rhythmus der Jahreszeiten sowie das milde Klima begünstigen die Landwirtschaft, sorgen für eine vielfältige Vegetation. Den Gegenpart bilden Naturkatastrophen wie Taifune, Flutwellen, Vulkanausbrüche, Erdbeben. Dieser kontinuierliche Wechsel prägte die Weltanschauung der japanischen Ur-Religion, des Shintō: Das Schicksal der Menschen ist dem Willen der Götter überlassen – Naturverehrung, die Durchführung von regelmäßigen Riten und Jahresfesten sollen ein friedvolles Zusammenleben mit ihnen sicherstellen.
„Für mich sind zwei Skulpturen - Raijin, der Donnergott, sowie Karura, ein vogelähnliches Wesen aus der hinduistischen Mythologie – besonders interessant. Es sind Nachbildungen eines bedeutenden Nationalschatzes aus dem 13. Jahrhundert. Die Originale stehen im Sanjūsangendō-Tempel in Kyoto. Im Jahr 1871 beauftragte die japanische Regierung berühmte Bildhauer mit der Anfertigung naturgetreuer Kopien. Was am Originalschauplatz im recht dunklen Tempel nicht möglich ist, gelingt im Museum: Der Besucher erhält die wunderbare Chance, den außergewöhnlichen Objekten ganz nah zu kommen“, so Kurator Dr. Bas Verberk.
Individuelle Sehnsucht
Im 8. Jahrhundert wandelt sich mit der Entstehung eines zentralistischen Staates und der Adelsgesellschaft die Vorstellung, dass Götter die Natur bewohnen, zu einer lyrischen Betrachtung – die individuelle Sehnsucht nach einer idealisierten Natur findet in Dichtung sowie Malerei ihren Niederschlag. Parallel breitet sich der Buddhismus aus, der die Natur dem leidvollen Leben gegenüberstellt. Shintō und Zen-Buddhismus sind bis heute die beiden Hauptreligionen Japans.
Totengeister und Yōkai
Eine ganz besondere Rolle spielen Geister, die eine hohe Verehrung genießen können. Dazu gehören die Totengeister, die sich in einer Welt zwischen dem Diesseits und Jenseits aufhalten, oder auch die Yōkai: Lebewesen mit magischen Kräften. Vor allem Fuchs, Marderhund, Katze, Schlange gelten als Verwandlungskünstler.
„Alle gezeigten Objekte sind Bestandteil der Sammlung, wurden vor der Ausstellung stabilisiert, gereinigt und, wenn erforderlich, auch restauriert,“ sagt Anna Hillcoat-Imanishi. „Ich finde es fantastisch, dass wir die Geisterdarstellungen zeigen. Es sind spannende, oft vielschichtige Geschichten, die sich in den einzelnen Werken verbergen.“ Besonders fasziniert die Restauratorin eine Querrolle, eine Kopie aus dem 17. oder 18. Jahrhundert. „Der Wettkampf der Tiere – eine berühmte japanische Fabel.“
Für die Neuinstallation der ständigen Sammlung „JAPAN“ hat Dr. Bas Verberk – Japanologe, Kunsthistoriker und Kurator am Museum für Ostasiatische Kunst Köln – eine Auswahl herausragender Objekte aus der Sammlung eindrucksvoll inszeniert. Skulpturen, Zen-Malerei, Schriftkunst, Wandbilder, Holzschnitte, Bildhefte visualisieren die komplexe Welt der Götter, Geister und Dämonen.
© Fotos: MOK - Raijin, Donnergott – Holz mit Resten farbiger Fassung – Japan, Meiji Zeit