Station: [20-1] Hörspiel. Weinhändler P. Tenatius Essimnus
Endlich ist die lang erwartete Lieferung Wein da! Es war aber auch höchste Zeit! Die Soldaten im Kastell Boiodurum sitzen ja schon auf dem Trockenen. Wie schön, dass die Lieferung wohlbehalten angekommen und alles im Keller eingelagert ist. Da steht einer kleinen Verkostung eigentlich nichts mehr im Wege.
Mal sehen, wie ich die einzelnen Weine noch verbessern kann. Meistens wird der Wein sowieso mit Wasser gemischt. Aber es gibt ja auch anspruchsvolle Zecher unter meinen Kunden. Die wissen, dass Wein sich durch den Transport in Holzfässern harmonisiert und besser schmeckt.
So, jetzt aber mal ran an’s Fass. Sechs Männer mussten es in den Keller hieven. Es kommt von einem großen Weingut in meiner Heimat. In guten Jahren ist er ja trinkbar, aber in schlechten ist er einfach zu sauer. Naja, aber mit Gips, Marmorstaub oder mit Asche lässt sich die Säure notfalls noch etwas mildern.
Mmh, ein guter Weissweinjahrgang! Mit Rosenblättern kann man ihn noch verfeinern. Das zarte Aroma wird er bestens annehmen. Diese Geschmacksrichtung ist zur Zeit in Mode. Der Wein verkauft sich wie von selbst. Myrthenwein dagegen ist nicht mehr so gefragt.
Oh, eine Amphore mit Korkverschluss! Hoffentlich hat er dicht gehalten.
Ah! Dieser Wein wurde bereits auf dem Gutshof geräuchert. Ob er deswegen schneller trinkreif wird, weiß ich nicht. Jedenfalls hat er dadurch einen guten Geschmack. Wenn man den Süßmost in Bleigefäßen aufkocht, wird die Süße noch angenehm verstärkt. Die Kollegen am Mittelmeer versetzen den Wein ja sogar mit Meerwasser. Ein grausames Gesöff, aber die Geschmäcker sind unterschiedlich.
Jetzt noch ein Schluck vom besten Rotwein meiner Heimat. Hier, die Amphore aus Iulia Tridentum, vom Weingut meines Vetters! So, Tonstöpsel raus und gleich probiert!
So, zum Schluss noch den Falerner aus Kampanien, Jahr für Jahr ein absoluter Spitzenwein. Dieser hier ist schon fünf Jahre gereift. Der hätte noch Potential für weitere 10 Jahre.
Eigentlich ist dieser Tropfen unbezahlbar und schwer zu bekommen, aber ich habe ja gute Verbindungen. Der Wein ist wirklich zu schade, um ihn zu verkaufen. Außerdem könnte ich ihn gar nicht in den gewünschten Mengen besorgen. Aber halt, den kann ich nicht aus dem kleinen Tonbecher trinken. Den trinke ich stilecht aus meinem Glas mit dem herrlichen Spruch „Trinke, um glücklich zu leben“.