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Die Kräuterlikördynastie Ungarns – zartbittere Leidenschaft für Familienbetrieb und Qualität

Zwack Unicum Museum and Shop 30. Dec 2014

Von Studio Wien am 30.12.2014

„Doktor Zwack! Das ist ein Unicum!“ – laut der Familienlegende hat mit diesem Satz alles begonnen – vor mehr als 220 Jahren in Wien. Doktor Zwack war der Hof-Arzt von Joseph II. Der Kaiser hatte ständig Magenprobleme. Der Doktor mischte aus verschiedenen Kräutern einen Likör für „Seine Kaiserliche Hoheit“. Das Getränk hat nicht nur die Magenprobleme des Herrschers kuriert, sondern es hat dem Kaiser auch noch sehr geschmeckt. 50 Jahre später begannen die Verwandten des Doktors in Budapest mit der Likörproduktion. Die Produkte und damit die Firma waren so erfolgreich, dass die Fabrik schon bald umziehen musste. Sie haben am Donauufer, am damaligen Stadtrand, eine moderne größere Fabrik errichtet. Mit Hilfe der Geheimrezeptur des ehemaligen kaiserlichen Doktors haben sie hier 1883 mit der offiziellen „Unicum“-Produktion begonnen.

Der Hauptsitz der Fabrik in Franzstad (IX. Bezirk, Budapest) – Foto: BR | Attila Poth

Das Klinkergebäude in Franzstad (IX. Bezirk, Budapest) ist der Hauptsitz und das Herzstück der Fabrik. Hier wird „Unicum“, Ungarns beliebtester Kräuterlikör, hergestellt. Ich erinnere mich, dass wir in meiner Kindheit zu Hause immer eine Flasche „Unicum“ gehabt haben: Diese runde, grüne Flasche mit einem goldenen Kreuz auf rotem Hintergrund. Was wir nicht wussten: dass was man damals in Ungarn als „Unicum“ kannte war eigentlich kein original „Unicum“. Das habe ich erst vor einigen Tagen erfahren, als ich die Familienfabrik Zwack besuchte.

„Möchten Sie Tee, Kaffee, oder einen Unicum?“ – fragte mich eine gutgelaunte Assistentin. Natürlich hätte ich gerne einen „Unicum“ genommen, aber im „Dienst“ trinkt man nicht, außerdem war ich mit dem Auto gekommen – und in Ungarn liegt die Toleranzgrenze bei Null-Komma-Null. Der Generaldirektor war pünktlich – wie ein Deutscher. Frank Odzuck studierte in Ungarn, und hat schon bei mehreren Firmen gearbeitet. „Seit 2003 bin ich der Generaldirektor der Zwackfabrik“ – erklärt er stolz. Ende der 70er Jahre hat er in Ungarn zum ersten Mal „Unicum“ getrunken und fand ihn furchtbar scheußlich. „Wissen Sie, das war damals nämlich gar kein richtiger Unicum! Die Originalrezeptur hatte die Familie ins Ausland mitgenommen, als die Fabrik 1948 verstaatlicht wurde“. Den neuen sozialistischen Herren der Fabrik hatten sie eine Rezeptur mit verfälschten Zutaten übergegeben. Dieser „falsche Unicum“ floss in sozialistischen Zeiten nur in den Ostblockländern. Im Westen hat die Zwack Familie das Originalgetränk verkauft und dafür gesorgt, dass das sozialistische Ungarn im Westen keine Flasche mit der Aufschrift „Zwack Unicum“ verkaufen durfte. Erst seit der Wende produziert die Budapester Fabrik wieder das Original – der „falsche Unicum“ ist verschwunden.

Das schwarze Getränk riecht stark nach Kräutern. Als Kind durfte ich nie einen Schluck trinken, und ich war unsicher, ob ich es überhaupt probieren wollte, denn ich hörte so manchen Gast bei uns zu Hause sagen: „Nö, Unicum trinken wir nicht, lieber einen richtigen Schnaps!“. Es gab natürlich auch andere, die „Unicum“ sehr gemocht haben. „Das Getränk teilt die Menschen in zwei Lager“ – erzählt mir Sandor Zwack. Der sportliche, gutaussehende Mann in den Vierzigern erinnert sich daran, dass selbst in der Familie Zwack dieser Geschmack nicht jedermanns Sache war: „Meine Oma hat meinen Vater mehrmals gefragt: Peter, mit diesem Zeug verdienen wir unser Geld?“. Aber es gab auch Unicum-Fanatiker: „Tante Mitzi hat jeden Abend ein Stamperl Unicum getrunken und sie war 98, als sie uns verlassen hat“. Sandor Zwack und seine Schwester Izabella haben schon als Kinder Unicum probiert. „Als wir krank waren, hat Papa uns immer einen Löffel Unicum als Arznei gegeben“, erzählt die langhaarige, hübsche Izabella. „Ich weinte damals, weil es mir nicht geschmeckt hat. Ich habe gefragt: Papa, warum rufen wir nicht einen Arzt an?“ – lächelt sie.

 

 

 

 

 

 



Die Zwack Kinder sind Ende der 80-er nach Ungarn gekommen, als ihr Vater die Fabrik zurückgekauft hat. Ja, zurückgekauft, nicht zurückbekommen. „Für meinen Vater war die Fabrik sein Leben und während der Verhandlungen konnte er Monate lang nicht schlafen“, erinnert sich Izabella. Aber er hatte es geschafft und die ganze Familie zog nach Ungarn. „Für mich war der Umzug ein Schock, denn wir sind in Florenz geboren“, sagt Sandor Zwack. Damals konnten sie fast kein Wort Ungarisch. Heute sprechen sie fließend und ohne Akzent. Die Kinder wollen die Fabrik in Familienbesitz halten „Das ist unsere Leidenschaft und unser Leben“, da sind sich die Geschwister einig.

Mitarbeit: Attila Poth

 

http://blog.br.de/studio-wien/2014/12/30/die-kraeuterlikoerdynastie-ungarns-zartbittere-leidenschaft-fuer-familienbetrieb-und-qualitaet/

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