Neue Erkenntnisse zur Goldenen Tafel im Dom zu Minden
Minden (DVM). Mit neuen Erkenntnissen zur Geschichte der Goldenen Tafel aus dem Mindener Dom ist Dr. Dieter Köcher aus Berlin in die Weserstadt gekommen.
Der Diplom-Restaurator bei der Skulpturensammlung und Museum für Byzantinische Kunst der Staatlichen Museen zu Berlin beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem hölzernen Retabel in Form eines gotischen Flügelaltars aus dem 15. Jahrhundert. Das Original der Goldenen Tafel aus dem Mindener Dom zählt heute zu den wertvollsten Exponaten des Bode-Museums in Berlin. Eine kleinere Version des Altars wurde im späten 19. Jahrhundert für St. Johannis Baptist in Herford gefertigt.
Im Chor des Mindener Domes befindet sich seit 2002 eine Rekonstruktion des Flügelaltars, die der Dombau-Verein Minden finanziert hat. Alle drei Goldenen Tafeln sind in Motivwahl, Stil und künstlerischer Ausgestaltung ähnlich, keine jedoch ist eine exakte Kopie einer anderen.
Original der Goldenen Tafel nicht mehr ursprünglich
Das Original der Goldenen Tafel im Berliner Bode-Museum ist nicht mehr in seinem ursprünglichen Zustand erhalten. Viele Figuren sind verschollen oder wurden auf ihren Plätzen getauscht. Die Bemalung und Vergoldung des Altars ist größtenteils verlorengegangen. Für Restaurator Dieter Köcher, der Kenner von Materialien und Techniken der Bildhauerkunst im frühen und hohen Mittelalter ist, genug Herausforderungen, dem ursprünglichen Aussehen des Originals auf die Spur zu kommen.
So konnte der Wissenschaftler inzwischen belegen, dass die Tafel aus dem 15. Jahrhundert ursprünglich keinen matten Goldbelag trug, wie es heute dargestellt ist. Befestigungsstrukturen auf der romanischen Predella, auf der die Goldene Tafel stehen, wiesen zudem darauf hin, dass dieser ehemalige Schrein ein Dach trug, ähnlich dem Reliquienschrein in der Klosterkirche Loccum, betont Köcher.
In Magazinen des Bode-Museum fündig geworden
Während vor drei Jahren überraschend eine Heiligenfigur aus der Predella in Hildesheim bei der Auflösung eines Privatbesitzes auftauchte, ist Dieter Köcher auch in den Magazinen des Bode-Museums fündig geworden, wie er dem Vorsitzenden des Dombau-Vereins Minden, Hans-Jürgen Amtage, bei seinem Besuch im Dom berichtete. Zwei weibliche Heiligenfiguren waren in dem Museum vor vielen Jahrzehnten deponiert, aber nicht der Mindener Goldenen Tafel zugeordnet worden. Der Abstand der Befestigungslöcher im hinteren Figurenbereich weise aber darauf hin, dass sie an zwei Stellen des Schreins genau mit den dortigen Befestigungselementen kompatibel seien, so der Restaurator. Auch die Zeit der Fertigung konnte aufgrund von Untersuchungen noch genauer eingegrenzt werden.
Das Original der Goldenen Tafel war bis zur Aufhebung des Mindener Bistums ein prominentes Ausstattungsstück im Dom zu Minden. Mitte des 17. Jahrhunderts wurde die Goldene Tafel aus Zeitgeistgründen durch einen Barockaltar ersetzt, der beim Bombenangriff auf Minden am 28. März 1945 verbrannte. Die Goldene Tafel wurde lange Zeit zusammengeklappt im Dom gelagert. Das Holz und die Bemalung der Tafel wurden während dieser Zeit stark angegriffen. Die Tafel wurde 1909 für 40.000 Reichsmark von der Domgemeinde an das Bode-Museum in Berlin verkauft, wo sie heute jährlich von zehntausenden Besuchern besichtigt wird.
Nachdem Versuche eines Rückkaufs der Originaltafel gescheitert waren, entschied sich die Domgemeinde 1999 für die Rekonstruktion der Originaltafel. Die Südtiroler Bildhauer Wilhelm und Hugo Senoner rekonstruierten die Goldene Tafel anhand der Vorlagen in Berlin und Herford und älterer Skizzen und Fotografien. Unterstützt wurden die Künstler durch Paderborner Restaurierungsspezialisten. 2002 konnte die Rekonstruktion dann im Dom geweiht werden.
Mindener Goldene Tafel im Bode-Museum Berlin