Station: [41] Geschichte der Paperweights


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Erstmals aufgetaucht sind die bunten Glaskugeln Mitte des 19. Jahrhunderts. Damals war der Brief die wichtigste Form der Kommunikation und unzählige Briefe stapelten sich im Comptoir oder auf dem privaten Sekretär. Um diese Stapel vor unerwarteten Windstößen zu schützen, sicherte man die Briefe mit einem schweren Gegenstand: dem Briefbeschwerer.

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Briefbeschwerer gab es schon, seit die Chinesen im Jahr 105 vor Christus das Papier erfunden hatten. Damals zwar noch nicht aus Glas, aber zum Beispiel aus wertvollen Hölzern. Die mit buntem Glas gefüllten halbkugelförmigen Briefbeschwerer tauchten erst ab 1840 auf.

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Das technische Know-How für den Herstellungsprozess besaßen bereits die Ägypter und Römer: das Fertigen von farbigem Glas, das Verschmelzen verschiedener Farbgläser miteinander und das Ziehen von gemusterten Glasstäben, der Fadenglas-, Spiralglas- oder Millefioristangen.

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All diese Kenntnisse gingen dann verloren und wurden erst sehr viel später wieder „neu erfunden“: zuerst in Venedig um 1500 und 1836, sowie Ende des 18. Jahrhunderts in den Hütten nördlich der Alpen. Die neu entwickelten Techniken verwendeten die Hütten zunächst für ihre gängigen Produkte wie Teller, Flacons, Besteckgriffe oder Knöpfe. Sparsame Glasmacher kamen dann auf eine Idee: Sie übergossen die am Ende eines Arbeitstages von der Tagesproduktion übrig gebliebenen Stücke an Millefiori-, Faden- und Spiralglasstangen mit klarem Glas und formten sie zu einer Kugel. So hatten sie immer kleine und billige Geschenke parat, die sie mit nach Hause nahmen.

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Ein Geschäftsmann aus Italien, Pietro Bigaglia, machte die von den Glasmachern gefertigten Rest-Glaskugeln als Briefbeschwerer marktfähig. Im Jahr 1845 nahm er kurzerhand ein paar Exemplare zur Industrieausstellung in Wien mit und bot sie dort als „Presse-Papier“ und „Papierdrücker“ an. Er erregte damit so viel Aufsehen, dass führende Kristallglasfabrikanten in Frankreich, Schlesien und Böhmen fast gleichzeitig mit der Produktion gläserner Briefbeschwerer begannen. Wenig später stiegen auch England und ab 1850 die ersten Hütten in Nordamerika in das Geschäft mit ein.

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Bis etwa 1860/70, zum Teil bis um 1900 entstanden nun die heute als „Klassiker“ bezeichneten Paperweights. Und zwar in sehr arbeitsintensiven Methoden und noch ganz im Stil des Biedermeier und frühen Historismus. Händler verkauften sie an Geschäfte und Souvenirläden in New York, Paris und London, wo sie als außergewöhnliche Hochzeits- und Geburtstagsgeschenke äußerst begehrt waren. Und alles, was Rang und Namen hatte, fing schon damals an sie zu sammeln. Unter ihnen so berühmte Persönlichkeiten wie Kaiserin Eugenie von Frankreich und Königin Viktoria, etwas später auch Queen Mary von England.