Station: [9] Kriegs- und Nachkriegsjahre


Im September 1940 wurde der neunzehnjährige Lehrling Josef Maier zur Wehrmacht eingezogen. Er kam zum Flieger-Ausbildungsregiment im Fliegerhorst Memmingen. Dort wurde er als Kraftfahrer eingesetzt und entwickelte bereits die Idee eines Taumelscheibenmotors. Und tatsächlich wurde er dabei ermutigt von Professor Dürr von den Dornierwerken. Gedacht war dieser Motor für große Flugzeuge, wie die Do 17. Auch während seines Einsatzes in Russland ließ ihn die Technik nicht los. Er beschäftigte sich weiter mit der Frage, wie ein Flugzeug gebaut werden muss, das schwenkbare Motoren hat, um horizontal und vertikal fliegen zu können. Noch vor Kriegsende wurde Maier aus Russland zurückgerufen und in Bayreuth stationiert. Hier hatte er jetzt den offiziellen Status als Erfinder eines kriegswichtigen Modells und war vom Kriegsdienst freigestellt. In einer Baumwollspinnerei in Bayreuth konnte Maier dann endlich den Prototyp seines Motors bauen. Mitte Januar 1945 war er fertig. Die fünf Doppelkolben leisteten etwa 125 PS.

Das Kriegsende machte allen Bemühungen um ein Patent für sein Modell einen Strich durch die Rechnung. Maier wurde auf Heimaturlaub in Bruckfelden von französischen Besatzungskräften festgenommen und nach Besançon geschickt. Die Kriegsgefangenen begleiteten ein französisches Regiment aus Besançon auf dem Heimweg und halfen, elektrische Masten zu reparieren.

Auch hier half Josef sein technisches Talent. Er durfte in Frankreich bald als freier Gefangener auf einem Hof arbeiten und wechselte anschließend in ein Sägewerk. Ein deutscher Mitgefangener warb ihn für die Kunststofffabrik Rey in St. Claude im Jura an.

Josef Maier war unter ungünstigsten Voraussetzungen im Jura angekommen, einer Region, in der jede Familie durch die deutsche Wehrmacht Angehörige verloren hatte: Er war Deutscher und sprach kein Wort Französisch, erwarb sich aber bald den Ruf eines technischen Genies.

Trotzdem zögerte Maier, das Angebot der Firma Rey anzunehmen. Sein Traum waren die USA, hier wollte er sein Glück versuchen. Doch es kam anders.

Josef Maier ging nach St. Claude und blieb – nicht als Kriegsgefangener, sondern bald als Ingenieur mit einem ordentlichen Gehalt.

In den Nachkriegsjahren fertigte die Firma Rey mit 38 Angestellten Brillen und Kämme in Handarbeit und wuchs kontinuierlich. Josef Maier baute die zur Fertigung notwendigen Kunststoffspritzmaschinen von Hochdruck auf Niederdruck um. Beim Neubau der vergrößerten Fabrikgebäude wirkte er als Architekt, wobei er das einschlägige Wissen ganz aus technischen Büchern bezog.

Doch die Sehnsucht nach den USA blieb. Auch die Amerikaner waren auf ihn aufmerksam geworden und boten ihm bei Boeing in Chicago eine Stelle an.

Wieder kam es anders. 1952 hatte er Bernadette Coste kennengelernt und sie 1956 geheiratet. Er blieb in St. Claude und gründete 1955 mit ihr die Firma Maier S.A., in der er Spezialmaschinen für Feinwerkteile entwickelte und herstellte. Der Sitz der Firma lag in La Verne, einem Nachbarort von St. Claude.

Die Firma entwickelte sich außergewöhnlich gut. Auch Inhaber anderer Betriebe aus dem Umkreis baten Maier um Maschinen, um ihre Fertigungsabläufe zu optimieren. Wunderbares Beispiel einer gelungenen Kooperation war seine Zusammenarbeit mit der Firma Chevassus, die Brillenscharniere und Metallarmbänder herstellte und für die er Fertigungsmaschinen wie Mehrstangendrehbänke und Multiwerkzeugteller entwickelte.

Für die Region war der stetige Erfolg dieser Zusammenarbeit von immenser Bedeutung. Bald hielten die beiden Firmen Chevassus und Maier gemeinsam das Weltmonopol für Brillenscharniere und Metall-Uhrenarmbänder und exportierten in mehr als 45 Länder, darunter Hongkong, Korea, Japan, die USA und weitere europäische Länder.

Im Jahr 1984 verkaufte Josef Maier seine Firma an den Sohn seines Partners Pierre Chevassus.

Alle Abbildungen: © Gemeinde Frickingen