Station: [5] Nicht im Paradies, aber am Bodensee: der Apfel
Eine der ältesten Erzählungen der Menschheit, die Paradieserzählung aus dem Alten Testament, ist für uns Europäer eng mit dem Apfel verbunden. Ursprünglich war mit der verbotenen Frucht vom Baum der Erkenntnis, die Eva auf den Rat der Schlange hin an Adam weiterreichte, aber wohl ein Granatapfel – vielleicht auch eine Feige – gemeint. Da diese jedoch in nordeuropäischen Gefilden nicht gediehen, behalf man sich mit dem Apfel. Diese Übertragung in unsere Vorstellungswelt wurde unterstützt durch das lateinische Wort für Apfel: malum.
Denn im Lateinischen bedeutet „malum“ auch das Böse, das Schlechte.
Tja, das könnte man nun auch darauf beziehen, dass die ersten Äpfel aus dieser Zeit wohl nicht gut schmeckten. Wilde, sogenannte „Holzäpfel“ waren klein, hart und sehr sauer.
Reste von wilden Holzäpfeln und -birnen fand man schon im Bodensatz von jungsteinzeitlichen Pfahlbauten. Eine verkohlte Holzapfelhälfte ist das älteste Exponat der Ausstellung im Bodensee-Obstmuseum und stammt aus der neolithischen Moorsiedlung bei Alleshausen-Ödenahlen am Federsee, die heute zum UNESCO-Welterbe zählt.
Wohlschmeckende, süße Äpfel verdanken wir erst der Pflanzenzucht der Antike. Bei den Griechen galt der Apfel sogar als äußerst wirksames Aphrodisiakum.
Die Römer brachten dann um den Beginn unserer Zeitrechnung herum den Obstbau an den Bodensee. In ganz Europa wurden veredelte Obstsorten kultiviert. Jetzt wurden auch Kirschen, Pflaumen, Pfirsiche, Aprikosen und Quitten veredelt und vom Wildobst zu Tafelobst herangezüchtet. Auf die Römer gehen auch die Fernstraßen zurück, die südlich und nördlich um den Bodensee herumführten. Sie waren ausschlaggebend für Warenaustausch und Wissenstransfer.
Nach dem Zusammenbruch des römischen Reiches und nach der Völkerwanderung war es dann Karl der Große, der den Obstbau wieder stark förderte.
Eine wichtige Rolle spielten jetzt die großen Klöster, wie etwa Kloster Reichenau. Diese Klöster bauten selber Gemüse und Obst an und waren wirtschaftlich autark. Der berühmte Abt Walahfrid Strabo vom Kloster Reichenau verfasste schon um 840 eines der bedeutendsten botanischen Werke des Mittelalters: das „liber de cultura hortorum“, das Buch über den Gartenbau. Doch Äpfel kommen hier leider nicht vor.
Im 12. Jahrhundert entwickelte dann vor allem das mächtige Zisterzienserkloster Salem die Techniken der Obstveredelung weiter und unterstützte auch seine Bauern und Lehensnehmer im Obstanbau. Die Zisterzienser hatten die bekannte benediktinische Regel „ora et labora“, lateinisch für „bete und arbeite“, übernommen und zur Perfektion geführt.
In späteren Jahrhunderten entwickelte sich der Obstbau zu einem wichtigen Bestandteil der Bevölkerungsernährung. Die Fürsten – in Frickingen die Fürsten zu Fürstenberg – belegten deshalb Baumfrevel mit hohen Strafen und förderten den Obstbau.
Die Multimediapräsentation auf dem Heuboden dokumentiert einen historischen Fall. Der Jäger Fideli Obermüller musste 17 ½ Kreuzer als Strafe für das Fällen zweier gemeindeeigener Obstbäume zahlen, dazu kamen noch einmal 15 Kreuzer für das Holz – viel „Holz“ fürs Holz!
Um den Obstanbau zu unterstützen, schrieb man Pflichtpflanzungen vor. Wer heiraten wollte, musste eine bestimmte Anzahl Obstbäume pflanzen. Auch jeder zuziehende oder ansässige Bürger wurde dazu verpflichtet. So entstanden auf Allmenden, also Gemeindegebiet, Streuobstwiesen und Obstbaumalleen entlang von Straßen und Wegen. Erste Baumschulen sorgten für genügend Obstbaumnachwuchs.
Obst wurde frisch gegessen. Was nicht verbraucht werden konnte, wurde durch Dörren haltbar gemacht oder zum Mosten verwendet. Überschuss erhielt das Vieh. Denn die Lager- und Transportmöglichkeiten waren begrenzt, das heißt, Obst verdarb sehr schnell.
Da haben wir es heute wirklich besser: Dank moderner Transport- und Lagermethoden haben wir das ganze Jahr über Frischobst zur Verfügung. Viele Jahrhunderte lang konnte Frischobst nur während der wenigen Erntewochen frisch genossen werden.
Alle Abbildungen: © Gemeinde Frickingen