Station: [3] Strohzylinder
Eine Anekdote berichtet, der Londoner Hutmacher John Hetherington habe erstmals 1797 einen Zylinder getragen. Passantinnen seien vor Schreck in Ohnmacht gefallen. Der Hutmacher wurde angeblich wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses bestraft. Ähnliches Erstaunen bei Reisenden sollen die Zylinder der Schwarzwälderinnen ausgelöst haben.
Als Frauenhut mutet der Strohzylinder auch heute noch merkwürdig an. Erste Zylinder finden sich in der städtischen Mode um 1790. Sie werden anfangs von Männern und Frauen getragen und bald auch aus Stroh gefertigt. Als sich nach der Französischen Revolution Damen- und Herrenmode auseinander entwickelten, überdauerte die weibliche Form des Zylinders offenbar in der Tracht.
Der Strohzylinder ist der am weitesten verbreitete Strohhut im Schwarzwald. Er wird zu vielen regionalen Trachten kombiniert, wahrscheinlich aufgrund obrigkeitlicher Anweisungen. Denn um 1850 siedelten sich in vielen Orten des Schwarzwalds Strohmanufakturen als obrigkeitliche Maßnahme zur Armutsbekämpfung an. Bis zu 30.000 Hüte wurden zu besten Zeiten im Schwarzwald produziert. So kam es zu einer enormen Verbreitung von Strohhüten, vor allem in Zylinderform. Diese eignete sich zur halbindustriellen Fertigung. Zunächst naturbelassen, verwiesen später Farbe und Glanz auf ähnliche Zylinder aus Seide in der städtischen Damenmode. Durch den Lack waren die Strohhüte allerdings auch wetterbeständiger.
Foto: © Franziskanermuseum