Station: [34] Das Schlössle
Zunächst die bittere Wahrheit: Das Schlössle ist kein Schlössle und ist es nie gewesen. Auch wenn sich die Benediktinermönche hier manchmal so gefühlt haben mögen.
Der rechtwinklige, dreigeschossige Bau gehörte bis zur Säkularisation zum nahegelegenen Kloster Schuttern. Es war eine Probstei des Klosters und diente dem Abt als Sommerresidenz. Darauf deutet auch das Doppelwappen, das Sie über dem Haupteingang des Schlössles entdecken:
Es zeigt auf der linken Seite das Wappen des Klosters: einen knienden König, der der Jungfrau Maria und dem Jesuskind eine Kirche darbietet. Auf der rechten Seite erkennen Sie ein Wildschwein über einer bewegten Wasserfläche. Es ist das Wappen des letzten Abtes von Schuttern, der von 1786 bis 1806 amtierte: Placidius Bacheberle.
Das Schlössle entstand im Wesentlichen im 18. Jahrhundert, doch die Besitztümer sind weit älter: Schon im Jahr 1016 schenkt Kaiser Heinrich dem Kloster Schuttern einen Freihof namens „Ruotgeresvilere“ – „Weiler des Routger“. Dreihundert Jahre später – ab dem Jahr 1313 – ist auch die Sankt-Georgs-Kapelle bezeugt. Der Freihof wächst und aus Ruotgeresvilere wird schließlich Heiligenzell.
Der Heilgenzeller Freihof war wahrscheinlich eine Art Gutshof mit Ställen und Scheunen, einem Wasch- und einem Dörrhaus und schließlich sogar einem Gefängnisturm…
… denn der Schutterer Abt besaß die niedere Gerichtsbarkeit über die Bewohner und Bewohnerinnen des klösterlichen Grundbesitzes. Allerdings nur bis 1806. Dann fegte die Säkularisation die klösterlichen Strukturen hinweg. Wenige Jahre später kaufen der Lahrer Bürgermeister Johann Jakob Hugo und sein Schwiegersohn Franz Meister das Gebäude, um hier eine Zichorien- und Tabakfabrik einzurichten.
Fortan werden hier Zichorienwurzeln geröstet und Zigarren gedreht – und die Arbeiterinnen posieren freundlich lächelnd vor dem Hauptportal. Die Nutzungen wechseln und in den 1970ern ist das Gebäude in einem so erbärmlichen Zustand, dass es abgerissen werden soll. Doch das Denkmalamt protestiert und so macht sich die Gemeinde Friesenheim an die Sanierung des ehrwürdigen Schlössle. Seit 1984 ist das „bedeutende Kulturdenkmal“ nun ein Kulturzentrum, in dem Konzerte und Ausstellungen stattfinden.
Alle Abbildungen: © Jose Sailer