Station: [9] Die Entwicklung der Radontherapie – Dr. Karl Aschoff


Mein hochverehrter Kollege,

ich habe Ihren Brief mit größtmöglicher Freude erhalten, und es ist mir ein Vergnügen, Ihnen mehr über meine Forschungen zur Radontherapie zu berichten. Wie Sie sicherlich wissen, habe ich mich bereits während meines Studiums in Heidelberg intensiv mit der Wirkungsweise der Kreuznacher Quellen beschäftigt. Der verehrte Justus von Liebig hatte dort bereits Jahre zuvor Jod und Brom nachgewiesen. Wie sich zeigen sollte: ein Spezifikum der Kreuznacher Quelle.

Die Entdeckungen des ebenfalls hochverehrten Herrn von Röntgen und die bahnbrechende Arbeit der Madame Curie auf dem Gebiet der Strahlenphysik haben mich schließlich zu weiteren Forschungen in den Kreuznacher Quellen veranlasst. Und tatsächlich konnte ich im Jahr 1911 radioaktive Bestandteile nachweisen.

Die Versuche haben ergeben, dass aus den Spalten der Stollen andauernd eine stark radonhaltige Luft strömt. Dieses überaus günstige Ergebnis veranlasste die Kreuznacher Solbäder-Aktiengesellschaft, eine Einrichtung zu schaffen, welche es ermöglicht, diese Emanation therapeutisch zu verwerten.

Im Frühjahr 1912 wurde in unserem Kurort ein Radium-Inhalatorium eröffnet. Es befindet sich vor dem stillgelegten Rudolfstollen. Und von dort wird die radonhaltige Luft direkt in das Inhalatorium gepumpt. Das Radon entsteht beim Zerfall von Radium, das im Porphyrgestein des Felsmassivs enthalten ist.

Ich möchte nicht überheblich klingen, aber dieses Inhalatorium ist das erste seiner Art, weltweit! Die Kreuznacher Kurärzte haben dazu passend eine neue Therapieform entwickelt, das sogenannte Kreuznacher Verfahren – eine Kombination aus Radon-Inhalation und Sole-Anwendungen. Das Verfahren ist ein voller Erfolg! Es zeigt vor allem bei rheumatischen Erkrankungen ganz außergewöhnliche Heilerfolge.

Kommen Sie nach Bad Kreuznach! Dann werde ich Ihnen unseren herrlichen Kurort zeigen. Hochachtungsvoll

Ihr Dr. Karl Aschoff

Alle Abbildungen : © Schloßparkmuseum Kreuznach