Station: [12] Wohnungen 6 und 7


Die Ferienwohnungen 6 und 7 sind echte Zeitzeugen der regionalen Industriegeschichte. Adolf Friedrich Bader, der das Anwesen 1847 erwarb, ließ den bestehenden Ostflügel abreißen und setzte das bis heute bestehende Gebäude an diese Stelle: ein einziger, langer Saalbau, ursprünglich aber um zwei Fenster kürzer, weil die Badehalle eingeschossig war.

Baders Ostflügel war also: ein Fabrikgebäude im Erd- und ersten Obergeschoss, und eine Lagerhalle für Tabak im Dachboden, der mit den kleinen Fenstern, die nur mit Lamellen geschlossen waren, gut belüftet werden konnte. Die Zigarrenfabrik verarbeitete nicht nur den heimischen Geudertheimer Tabak, sondern importierte auch aus anderen Anbaugebieten wie der Pfalz und Franken und sogar aus Porto Rico, Kentucky oder Maryland.

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Die rohen, durchgehenden Balken im Dachgeschoss des Ostflügels tragen Beschriftungen aus der frühen Baderzeit: „Kentucky“, „Maryland“, „Nürnberg“ oder „Portorico“. Zwischen den geographischen Bezeichnungen befinden sich senkrechte Striche. Sie markieren offenbar frühere Unterteilungen für Tabakballen unterschiedlicher Herkunft. Mit den verschiedensten Tabaken aus Europa und Übersee konnte die Firma Bader eine breite Palette an Produkten herstellen und weltweit verkaufen.

Wahrscheinlich wurden die „Wickel“, also die Zigarrenrohlinge, aus dem regionalen Geudertheimer Tabak in Heimarbeit hergestellt, in Holzformen abgelegt, gepresst und dann hierher in die Fabrik gebracht. Die Importtabake hingegen dürften hier in der Kaiserstraße verarbeitet worden sein. Hier wurden die Wickel auch veredelt: Dafür umwickelte man den Rohling mit dem Deckblatt, versah ihn mit einer Banderole und verpackte ihn in hübsche Holzschächtelchen.

Die florierende Tabakindustrie war für die Region Mittel- und Südbaden ein Glücksfall. Während Mitte des 19. Jahrhunderts in anderen Landstrichen die Armut grassierte und zehntausende Menschen zur Auswanderung trieb, konnte die Gegend rund um Lahr mit ihren vielen Zigarrenfabriken einen gewissen Wohlstand halten und so auch die Menschen hier in der Region versorgen.

Die Firma Bader soll damals mehrere Hundert Mitarbeiter gehabt und pro Woche über 100.000 Zigarren hergestellt haben! Und welch immense Mengen Tabak allein hier, in der Zigarrenfabrik Bader verarbeitet wurden, zeigen die Dimensionen des Tabaklagers im Ostflügel: Wo früher der Importtabak lagerte, haben heute in zwei Ferienwohnungen bis zu 13 Personen auf zwei Etagen Platz!

Alle Abbildungen: © Palais Wunderlich