Station: [26] Handwerk: Die neue Zunftordnung


Meister: Ruhe bitte, Ruhe!
Verehrte Kollegen, ihr alle kennt das Problem: Wir haben schon seit 18 Jahren eine eigene Zunftlade und eine eigene Zunftstube, aber noch immer muss der Oberzunftmeister von Lahr nach Altenheim kommen und stellt uns seine Besuche teuer in Rechnung. Wir brauchen also eine „ehrsame Zunft“ mit eigenen Zunftartikeln. Dafür sind wir heute hier zusammengekommen: Wir wollen unsere eigene Ordnung, mit eigenen Gesetzen, schreiben. Ich bitte um Vorschläge, der Ade schreibt mit:

Ade:  Immer ich!

Mann 1: Wir müssen festlegen, wie man Meister wird und was dafür nötig ist. Und was ein Meister darf und was nicht.

Mann 2: Und wir müssen festlegen, wie das mit den Lehrjungen ist. Dem Schakob, dem ist seiner davongelaufen und jetzt hat er nur Scherereien. Und Lehrgeld hat er auch keins bekommen.

Meister: Dann schreib auf: “Läuft ein Lehrling ohne triftigen Grund davon…

Mann 2: In der ersten Hälfte seiner Lehrzeit!

Meister: … ohne triftigen Grund in der ersten Hälfte seiner Lehrzeit davon, muss er die Hälfte seines Lehrgeldes bezahlen. Geschieht dies nach der Hälfte der Lehrzeit, den ganzen Betrag.

Mann 1: Der Meister muss ihn aber auch gut behandeln. Denn sonst läuft er ihm ja weg.

Meister: Dann schreib: Der Lehrherr soll seinen Lehrling…

Mann 1: Anständig! Oder… getreulich! hört sich besser an.

Meister: … getreulich unterrichten und ihm Kost geben und ordentlich verpflegen, ihn aber nicht zu sehr bei der Haus- und Feldarbeit einspannen.

Mann 1: Und er muss darauf achten, dass der Lehrjunge an Sonn- und Feiertagen den Gottesdienst nicht versäumt.

Meister: Dann schreib das auch auf.

Ade: Immer ich!

Mann 2: Und dann brauchen wir noch etwas zum Benehmen. Denn Beschimpfungen und ehrrührige Worte, die will ich hier nicht dulden! Auch unter den Meistern nicht. Das soll unter Strafe gestellt werden!

Meister: Da hast du recht! Warte, wie sagen wir das? Vielleicht so:
Ade?

Ade: Ja, ja, ich schreib ja schon.

Meister: Wer bei Handwerkerversammlungen schandbare Reden, Flüche von sich gibt oder Schmözen, muss 5 Schilling an die Herrschaft Nassau und die Zunft errichten. Falls ein Zunftmitglied ein anderes beschimpft, dieses als Schelm oder Dieb bezeichnet oder mit anderen ehrenrührigen Worten beleidigt, muss einen Gulden an die Herrschaft Nassau und die Zunft bezahlen.
Richtig so? Alle einverstanden?

Mann 1: Aber was machen wir, wenn sich ein Meister oder Gesell mit einer Weibsperson veruntreut? Oder sie gar schwängert?

Mann 2: Und überhaupt? Sind unsere Sitzungen fortan öffentlich oder geheim? Dürfen wir unseren Frauen davon berichten?

Mann 1:  Und was machen wir, wenn einer der unseren in ein Gezech verwickelt ist oder unentschuldigt bei den Versammlungen fehlt?

Mann 2: Ha ja, genau! Und dann müssen wir noch überlegen, ob wir…

 

 

Fotos: © Heimatmuseum Neuried