Station: [2] Die gute Stube


So, das ist unser Haus, also das vom Hausherren, meinem Chef, und seiner Familie. Ich bin ja nur der Knecht und hab ne kleine Kammer hier. Ja und die Diele, die muss so groß sein, da muss ich ja mit dem Heuwagen rein, um das Heu nach oben auf den Heuboden zu schaffen. 

Hier lebt und arbeitet die ganze Familie, alles unter einem Dach. Zu arbeiten, glauben Sie mir, da gibt's genug. Von morgens früh bis abends spät. Viel wirft der Boden hier um Steinhude nicht ab, zu karg. Das reicht nur fürs Nötigste.
Zum Glück gibt es das Meer zum Fischen. Und Fischer sind wir alle in Steinhude, na und Weber halt. 

Psst, ich zeig ihnen mal was, aber nicht verraten. Gucken Sie mal hier, gleich das erste Zimmer links: Die gute Stube! und hinten in der Ecke, ein Sekretär aus alter deutscher Mooreiche. So ein prächtiges Möbelstück, darauf kann man Stolz sein, das hat nicht jeder in Steinhude. 

Aber eigentlich habe ich hier gar nichts zu suchen als Knecht, und Sie auch nicht. Die gute Stube, die ist schließlich was Besonderes. Nur für die Familie, am heiligen Sonntag. Darum heißt es ja "die gute Stube". Und natürlich wenn sich hoher Besuch ankündigt, vom Pastor oder vom Lehrer, dann wird es hier richtig gemütlich. Dann macht die Hausherrin den Ofen an und es wird aufgetischt - und mit leeren Händen, geht hier dann auch keiner raus. 

Haben Sie die Schinken und Würste in der Diele an der Decke gesehen? Das Zeug schmeckt sag ich ihnen, alles selbst gepökelt und geräuchert, von der Hausherrin persönlich. Da langt auch der Pastor ordentlich zu, und was zugesteckt, das bekommt er dann auch noch. Ja mit dem da ganz oben, soll man sich gut stellen, man weiß ja nie, wie's kommt.

Aber es ist vertrackt. Kaum schaue ich mal hoch, auf die frisch aufgehängten Würste, schon ist es wieder passiert, besonders in der Nacht, wenn ich mal wohin muss, na Sie wissen schon... ich denk noch, „Hans denke ich, pass auf, dass du nicht ins Fettnäpfchen trittst“ und rums! alles scheppert über den Boden und das ganze Haus ist wieder hell wach! Und die Näpfe für das tropfende Fett, rollen in alle Richtungen weg.

Sag mal Hans, hast du nichts zu arbeiten? Und die gute Stube, sperrangelweit offen, wenn das dein Chef sieht. Ich schaffe in der Küche seit früh um acht, und Du erzählst von Fettnäpfchen.

Ich sag's ja, immer Ärger mit diesen Fettnäpfchen. Und die hat mir gar nichts zu sagen, das ist Martha, die Nachbarin, die hilft hier heute nur aus. 

Nachbarin hin oder her, das tut nichts zur Sache, lieber Hans. Also, Schluss jetzt, die Ställe müssen ausgemistet werden und das Heu lädt sich auch nicht von alleine ab. Aber der Besuch, der kommt mir eigentlich ganz recht. In der Küche gibt es jede Menge zu tun, da ist mir jede Hilfe willkommen. Da kommen Sie mal mit, gleich hier links, der Raum neben der Stube.

Foto: © Fischer- und Webermuseum