Station: [16] Evasion - Flucht
Was bleibt wenn sich alles auflöst? Gibt es ein Bild vom Nichts? Wo befinden sich die Grenzen der Kunst?
Stofffetzen hängen als letzte Überbleibsel der Leinwand von den Bilderrahmen. Pfeile schnellen in alle Richtungen über die Bildfläche und sprengen ihre Grenzen. Die nackten Rahmen halten wie das entblößte Gebein die Szenerie zusammen.
Théo Kerg hat mit dieser Arbeit die Auflösung der Materie zu einem neuen Höhepunkt getrieben. In der Arbeit Evasion - Flucht von 1983 ist nur noch der Pfeil als letztes Bildzeichen geblieben. Was treibt ihn an? Zeigt der Pfeil die Flucht oder den Weg zum Ziel? Ist es der Wunsch nach Aufbruch oder die Kapitulation?
Wie so oft, ist auch diese Arbeit auf viele Arten lesbar. Genau wie die Buchstaben sind die Pfeile Zeichen, die im Dialog mit dem Betrachter ihren Sinn offenbaren. Théo Kerg verweigert sich hier der Eindeutigkeit um seiner Kunst ihren Raum zu geben, er sagt:
Meine vielen und vielgestaltigen Materialien sind zugleich Buchstabenzeichen, psychische und physische Zustände, Aktionsfelder - z.B. Unsicherheit, Sturz ins Leere, Explosionsmomente usw. -, die sich dem Betrachter mitteilen können, wenn dieser Betrachter im Stande ist, die Realität, die Konventionen anzuzweifeln. Er kann diese Realität wiederentdecken durch meine Tastobjekte, ihr einen neuen Sinn geben, sie neu formen, sie neuen Situationen, neuen Zusammenhängen erschließen!
Théo Kergs Zweifel an vermeintlichen Wahrheiten und bestehenden Konventionen bringt ihn in die geistige Nähe zu Franz Kafka. Dessen Werk nimmt in der Kunst von Kerg eine wichtige Rolle ein, wie die Audiostation an der nächsten Wand links zeigt.
Foto: © Doro Burkadt