Station: [15] Dialog mit den Zeichen und andere Arbeiten
Wie blutige Schlachtenbilder sind diese großformatigen Arbeiten mit Wunden übersäht. Aber hier geht es nicht um das Abbild von Gewalt, die Kunst selbst wird zum attackierten Opfer und aktiven Teil der Zerstörung.
Théo Kerg bearbeitet bei diesen taktilistischen Arbeiten die Leinwände mit dem Messer. Er schneidet sie ein, fügt andere Textilien hinzu und hält die klaffenden Risse mit groben Stichen zusammen. Auf dem Bildträger sammeln sich unterschiedliche Substanzen wie Leim, Gips und Karton. Einzelne Buchstaben drängen sich durch das Material.
Die Bilder sind Zeugen eines großen Kraftaktes. Sie eröffnen einen Blick hinter die Oberfläche und sprengen die Bildgrenzen. Trotz der zahlreichen Verletzungen wirken sie mächtig und voller Energie. Ihre Dynamik kommt aus dem Material selbst. Während Kerg in seinen frühen taktilistischen Arbeiten seine Malerei durch fremdartige Materialien zum Relief erweiterte und ihnen eine raumgreifende Plastizität verlieh, erhalten diese Arbeiten aus den 1970er Jahren ihre Kraft aus der Reduktion und der Dekonstruktion der Materie. Ein konsequentes Beispiel für diesen künstlerischen Prozess bis zur vollkommen Verflüchtigung der Materie, bietet die nächste Station bei dem Bild mit den Pfeilen unter der Dachschräge.
Foto: © Doro Burkadt