Station: [18] Carl Ludwig Jessen: „Junge Amrumerin in Tracht“ (1859)


Das Gemälde „Junge Amrumerin in Tracht“ zeigt eine Frau, die sich sitzend ins Profil dreht. Die restliche Leinwand ließ der Künstler einfach frei. Der Fokus liegt also ganz auf der dargestellten Person. Die Gesichtszüge und die traditionelle Kleidung der Friesin sind mit viel Liebe zum Detail wiedergegeben. Sehen Sie doch, wie schön der Künstler die silbernen Filigranknöpfe der Sonntagstracht ausgearbeitet hat. Diese meisterhaft-realistische Malweise kommt auch im Stickmuster des Tuches zur Geltung, wo sich grüne Blätter um rote und blaue Blüten ranken. Die rosigen Wangen der jungen Frau nehmen das Rot dieses Blumenmusters auf; zudem spielt ein leichtes Lächeln um ihre Lippen. Kann es sein, dass sie das Modellsitzen für den Künstler verlegen machte? Der Maler, Carl Ludwig Jessen, stammte selbst aus Nordfriesland. Die Trachtenmode in seinem Gemälde stimmt tatsächlich mit der damaligen traditionellen Frauenkleidung auf Amrum überein. Allerdings bedient das Porträt des schüchternen Mädchens auch das Klischee einer ländlichen Inselwelt, die der Industrialisierung trotzen kann. Dieser romantisch-verklärte Blick auf die nordfriesische Landbevölkerung entsprach ganz der Mode der dänischen Nationalromantik und dem Geschmack des bürgerlichen Publikums aus Kopenhagen. Das man vor allem dort Interesse an Jessens Bildern hatte, war nicht zuletzt der bewegten Geschichte zwischen Dänemark und Nordfriesland geschuldet.