Station: [18] Mahlen und Wiegen
Wer früher sein Korn zur Mühle trug, musste nicht nur den Müller bezahlen. Ihm wurde gleich eine bestimmte Menge Getreide abgenommen, als Mahlsteuer – eine Gebühr, die an den Landesherren ging.
Wie viel Getreide? Die Menge – und dementsprechend die Höhe der Gebühren – bestimmte die Größe eines Gefäßes, des sogenannten Abgabenscheffels.
Noch heute „scheffelt“ jemand Geld, wenn er es unkontrolliert und in großen Mengen anhäuft. Ganz so unkontrolliert lief es in früheren Jahrhunderten allerdings nicht ab. Die Scheffel hatten ein festgelegtes Volumen und waren geeicht.
Der große, hölzerne Bottich, der so genannte Berliner Scheffel, trägt innen die Signatur „EAW“ – „Eichamt Wiedenbrück“. Dem etwas kleineren, zweihenkligen Eimer aus Kupfer ist gar das sechsspeichige Rad – das Wappen der Stadt Wiedenbrück – eingeprägt.
Seit Wiedenbrück im 10. Jahrhundert das Markt-, Münz- und Zollrecht erhielt, wurde hier auch Handel betrieben. Die Stadt lag günstig an einer Handelsroute und bot einen Übergang über die Ems. Das bescherte den Wiedenbrückern einen Wochenmarkt und einen halbjährlich abgehaltenen Jahrmarkt.
Der Ort des Geschehens könnte die Lange Straße gewesen sein, die im Mittelalter ungewöhnlich breit war. Später könnte ein ans Rathaus angebauter Arkadengang die Marktstände beherbergt haben.
Doch wie wurden die Warenpreise ermittelt? Maße und Gewichte waren alles andere als einheitlich. Und um Betrug auszuschließen, mussten die Waren amtlich gewogen werden – auf der Stadtwaage. Auch hierfür fiel eine Gebühr an: das Waagengeld oder Wiegegeld. Und auch hier wurde geeicht und normiert: In das Steingewicht der Wiedenbrücker Stadtwaage beispielsweise ist das sechsspeichige Rad eingemeißelt – ein untrügliches Zeichen für die Richtigkeit des ermittelten Gewichts und Warenwerts.
Das Handeln und Markthalten brachte Wiedenbrück einen gewissen Wohlstand. Und der Warenaustausch selbst über größere Distanzen florierte: Wiedenbrück gehörte als so genannte Beistadt von Osnabrück zur Hanse, dem mächtigen nordeuropäischen Handelsverbund. Im frühen 15. Jahrhundert hatte sich Osnabrück der Hanse angeschlossen. Und Wiedenbrück profitierte von den Handelswegen und dem erleichterten Warenverkehr. Eines der größten Fachwerkhäuser hier der Stadt wird noch heute „Hansehaus-Ottens“ genannt.
Alle Abbildungen : Torsten Nienaber, © Wiedenbrücker Schule Museum