Der Schlosspark
Im Schatten der einstigen Wallfahrtskirche St. Nikolai gelegen, gehen seine Ursprünge auf eine mittelalterliche Nebenresidenz der Havelberger Bischöfe zurück. Nach der Reformation von der Adelsfamilie von Saldern ausgebaut und sukzessive
erweitert, erfolgte im Barock die Anlage eines großzügigen Nutz- und Lustgartens, der nach 1870 mit einer landschaftlichen Fassung überformt wurde. Nach der Enteignung und Vertreibung der letzten Gutsbesitzerfamilie im Jahr 1945 in das Volkseigentum der DDR überführt, vermied man konkrete historische Bezüge. 1976 fiel das Schloss (Abb. 1, 2), seit 1946 als Schule genutzt, einem Brand zum Opfer, woraufhin die Erinnerungen an das Gut zunehmend verblassten und vor allem die vielfältigen Wechselbezüge zwischen Wohnhaus, Gutshof und Park, der fortan unter „Goethepark“ firmierte, endgültig verloren gingen. In dieser Hinsicht steht das Wilsnacker Gut stellvertretend für viele ländliche Prignitzer Anlagen, die nach 1945 so starke Veränderungen und Einbußen erfahren haben, dass ihr gestalterischer Zusammenhang vor Ort häufig nur noch schwerlich nachvollziehbar ist.
1 Vgl. Foelsch, Torsten (2011), Die ländlichen Parks in der Prignitz. Beiträge zu 400 Jahren Gartenkunst, Mitteilungen der Pückler-Gesellschaft, Heft 25, Neue Folge, Berlin; Foelsch, Torsten (2017), Die Gutsparks in der Prignitz, Groß Gottschow; Wendland, Folkwart und Folkwin Wendland (2015), Gärten und Parke in Brandenburg. Die ländlichen Anlagen in der Mark Brandenburg
und der Niederlausitz, Berlin. Angesichts der verblassenden Blüte der herrschaftlichen Häuser und ihrer Gartenanlagen existierten bereits im 19. Jahrhundert Bestrebungen zu einer Inventarisierung. Für die Dokumentation der brandenburgischen Repräsentativbauten übernahmen die seit 1857 von Alexander Duncker verlegten „Ländlichen Wohnsitze, Schlösser
und Residenzen“ und die ab 1907 erschienenen „Kunstdenkmäler der Provinz Brandenburg“ eine wichtige Rolle, während die Gärten und Parks eher wenig beachtet wurden. Paul Ortwin Rave verzeichnete 1939 für Wilsnack lediglich: „Herrenhaus …, barock, Park
10 Morgen, etwa 1870 angelegt; Gedenkurne von 1795, schöne alte Rotbuche, 100jährige Eiben“ (Rave, Paul Ortwin (1939), Die alten Gärten und ländlichen Parke in der Mark Brandenburg, Brandenburgische Jahrbücher 14/15, 186). Rave bezog seine Angaben
aus einer Umfrage an den damaligen Rittergutsbesitzer Achaz von Saldern (Herr auf Wilsnack, bis 1945), der 1922 aus einer Nebenlinie nach Wilsnack gekommen war. Die direkte Tradierung der Gartengeschichte hatte dadurch bereits einen Bruch erfahren (Interview mit seinem Sohn Friedrich Christoph von Saldern, Beuster, durch die Autorinnen vom 11.11.2019).
Beispielsweise war das Alter der erwähnten Eiben nur grob geschätzt, tatsächlich besaßen diese, wie die historische Analyse ergab, zum Zeitpunkt von Raves Umfrage bereits ein Alter von über 200 Jahren.
(Weitere spannende Informationen folgen)