Zwischen September 1877 und Januar 1882 komponierte Wagner sein letztes und von ihm selbst so genanntes „Weltabschiedswerk“, das „Bühnenweihfestspiel Parsifal“, das am 26. Juli 1882 im Bayreuther Festspielhaus unter der Leitung von Hermann Levi uraufgeführt wurde. Das Richard Wagner Museum Bayreuth präsentiert die autographe Reinschrift der Partitur in seiner Schatzkammer im Untergeschoss des Hauses Wahnfried neben anderen wertvollen originalen Text- und Notenhandschriften Richard Wagners zu seinem „summum opus“ (Erstschrift des Textbuches (Libretto), Kompositionsskizze, Orchesterskizze, Erstdruck des Klavierauszugs).
Die 346 Seiten starke Partitur ist über weite Strecken in der von Wagner während seiner letzten Lebensjahre bevorzugten violetten Tinte geschrieben. Charakteristisch ist dabei die überaus saubere und akkurate Handschrift, die es Hermann Levi erlaubte, die Uraufführung aus dem Autograph zu dirigieren, da die Drucklegung der Partitur noch ausstand. Das Werk wurde von Wagner in Kenntnis und unter Berücksichtigung der besonderen akustischen Bedingungen des Bayreuther Festspielhauses und dem typischen Mischklang des von Wagner als „mystischer Abgrund“ bezeichneten Orchestergrabens komponiert und sollte nach Wagners Willen ausschließlich hier aufgeführt werden.
Der Parsifal ist mithin das Werk Wagners, das als einziges als Produkt des 1876 erstmals realisierten Festspiel-Konzepts und des hierfür errichteten Festspielhauses gelten kann. Als Ausdruck und Niederschlag der kunstreligiösen Auffassungen des späten Wagner ist es aber auch in besonderer Weise mit der weltanschaulichen Indienstnahme Wagners und seines Werks durch Cosima und den „Bayreuther Kreis“ verbunden, für die die Aufführungen sakrale und gottesdienstähnliche Züge annahmen und das Festspielhaus selbst zum Gralstempel des ins Kultische übersteigerten Wagner-Mythos der Nachfahren wurde.
Öffnungszeiten: Dienstag–Sonntag, 10–17 Uhr; Juli und August: Montag–Sonntag, 10–18 Uhr Ort: Haus Wahnfried/ Schatzkammer Preis: Im Museumseintritt inbegriffen
Nicht jeder Schatz einer Sammlung schafft es in eine Ausstellung oder wird Gegenstand eines Forschungsvorhabens. Der größte Teil schlummert meist jahrzehntelang, zwar geschützt, aber sonst weitgehend unbeachtet, in Depots und Archiven. Ab 2023 präsentiert das Richard Wagner Museum im Rahmen halbjährlich wechselnder Kabinettausstellungen solche Kleinodien und ihre Geschichten.
Den Anfang macht im Frühjahr zu Wagners Geburtstag die Mutter von Wikipedia: die Encyclopédie ou Dictionnaire Raisonné des Sciences, des Arts et des Métiers, ab 1751 herausgegeben von Denis Diderot und Jean Baptiste le Rond d’Alembert, die sich zum Ziel gesetzt hatten, das gesamte Wissen ihrer Zeit in Text und Bild zu versammeln. Schlaglichtartig gibt die kleine Ausstellung Einblick in die Gedankenwelt der Aufklärung und die bewegte Veröffentlichungsgeschichte der Encyclopédie, die erst 1780 mit dem 35. Band abgeschlossen werden konnte.
Die Ausstellung wird bis 5. November 2023 im Grafik-Kabinett von Haus Wahnfried zu sehen sein.
„Die Mutter von Wikipedia: Die Encyclopédie von Diderot und d’Alembert“
21. Mai–5. November 2023
Sonderausstellung im Haus Wahnfried/ Grafik-Kabinett
Juli und August: Montag–Sonntag, 10–18 Uhr
September–Juni: Dienstag–Sonntag, 10–17 Uhr
Im Eintrittspreis inbegriffen
Komponist, Dichter, Dramatiker, Schriftsteller, Regisseur, Dirigent, Egomane, Schwerenöter, Antisemit, Linksradikaler, Klimaschützer, Tierfreund, Genie … wer war Richard Wagner wirklich? Im Rahmen der diesjährigen Sommerausstellung (17. Juli bis 8. Oktober 2023) unternimmt das Richard Wagner Museum den Versuch, den Mythos „Wagner“ zu dekonstruieren, um sich dem Menschen Richard Wagner zu nähern.
Zahllos sind bereits zu seinen Lebzeiten Veröffentlichungen über Wagner. Darin wird er in aller Regel und vor allem nach seinem Tod zum Übermenschen stilisiert – nicht zuletzt durch das Zutun seiner Erben und Sachwalter. Vom ‚alltäglichen‘ Wagner gibt es dagegen kaum Spuren, denn der Mythos kennt keinen Alltag.
Auch Wagner selbst modellierte zeitlebens am eigenen Bild. Seine autobiographischen Texte, eine unüberschaubare Zahl schriftlicher Äußerungen und schließlich sein musikalisches und dramatisches Werk zeichnen aber ein sehr heterogenes, oft widersprüchliches Bild des Menschen, der sich hinter dem ‚Mythos Wagner‘ verbirgt. Erinnerungen und Beobachtungen der Familie, von Zeitgenossen, Freunden, Kritikern, Gefährtinnen und Gefährten zertrümmern schließlich den ehernen Monolithen, zu dem Richard Wagner geformt wurde.
Im Rahmen der diesjährigen Sommerausstellung unternimmt das Richard Wagner Museum den Versuch, den Mythos zu dekonstruieren, um sich dem Menschen Richard Wagner zu nähern.
Präsentiert werden ausgewählte Archivalien und Objekte, die über die Jahre durch Erwerbungen der Stiftung und Schenkungen Eingang in die Sammlungen des Nationalarchivs fanden, dessen Grundstock die Nachlässe Richard, Cosima sowie der künstlerische Nachlass Siegfried Wagners bilden. Die Ausstellung „Wahnfrieds Erbe – 50 Jahre Richard-Wagner-Stiftung-Bayreuth“ wird vom 1. April bis 18. Juni 2023 auf der Sonderausstellungsfläche im Neubau des Richard Wagner Museums zu sehen sein.
Schon Richard Wagner selbst hatte die Gründung einer Stiftung in Erwägung gezogen, um die Bayreuther Festspiele dauerhaft zu sichern und zu finanzieren. Dieses Projekt scheiterte jedoch ebenso wie die kurzlebige „Deutsche Festspielstiftung Bayreuth“, die auf eine Idee Siegfried Wagners zurückging. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg blieben Festspielhaus und Nachlässe zunächst in Familienbesitz, die Festspiele auch nach dem Neubeginn 1951 weiterhin ein Privatunternehmen. Erst nach dem Tod Wieland Wagners 1966 wurden die Überlegungen, die Festspiele durch eine Stiftung auf einer breiteren institutionellen Grundlage zu verankern, wiederaufgenommen und schließlich 1973 realisiert.
Die Familie Wagner brachte hierzu das Festspielhaus in die Stiftung ein, die es als Eigentümerin an den Veranstalter der Festspiele vermietet. Dies war zunächst Wolfgang Wagner, später und bis heute die Bayreuther Festspiele GmbH. Das Wahnfried-Archiv wurde zu gleichen Teilen an die Bundesrepublik Deutschland, die Bayerische Landesstiftung und die Oberfrankenstiftung verkauft, die es als Mitstifter für das damit begründete Nationalarchiv als Dauerleihgabe zur Verfügung stellte.
Mit der Vermietung des Festspielhauses und dem Betrieb des „Richard Wagner Museums mit Nationalarchiv und Forschungsstätte“ verfolgt die Stiftung so bis heute ihren vor 50 Jahren festgeschriebenen Zweck.
Wahnfrieds Erbe – 50 Jahre Richard-Wagner-Stiftung Bayreuth
1. April–18. Juni 2023 Ort: Sonderausstellungsfläche im Neubau Öffnungszeiten: September–Juni: Dienstag–Sonntag, 10.00–17.00 Uhr Eintritt: Der Besuch der Sonderausstellung ist im Eintrittspreis inbegriffen