Verein Gedenkstätten KZ Bisingen verzeichnet abermals gestiegene Besucherzahlen
Mit einem neuen Besucherrekord beschließt der Verein Gedenkstätten KZ Bisingen das Jahr 2016. Insgesamt wurden 37 Gruppen mit rund 800 Teilnehmern über den Geschichtslehrpfad und durch das Museum in der Kirchgasse geführt, darunter waren 27 Schulklassen. Zusammen mit den sonntäglichen Einzelbesuchern im Museum und den Besuchern der drei großen Veranstaltungen ergibt sich eine Gesamtzahl von 1314 Personen.
Inzwischen gibt es mehrere „Stammkunden“, die regelmäßig jedes Jahr Exkursionen nach Bisingen unternehmen. So kommt das Tübinger Uhland-Gymnasium mit der gesamten Klassenstufe 9 und selbst das Fürstenberg-Gymnasium aus Donaueschingen macht sich mit seinen Neuntklässlern auf die weite Anreise. Die letzten Klassen im Jahr 2016 kamen von der Geschwister-Scholl-Schule in Tübingen (GSS), die Bisingen seit dem letzten Schuljahr fest in ihrem Schulcurriculum verankert hat. Vergangenen und diesen Montag wurden jeweils zwei neunte und zwei zehnte Klassen über den Geschichtslehrpfad geführt. Im Januar werden noch einmal zwei GSS-Klassen kommen.
Für die Geschichtslehrer der Region bietet die Gedenkstätte Bisingen eine praktische Alternative zu bekannteren, aber weiter entfernt liegenden Orten wie Dachau oder Natzweiler im Elsass. Da Bisingen verkehrstechnisch sehr gut angebunden ist, kann so auch eine halbtägige Exkursion gut organisiert werden. Die meisten Schulklassen reisen mit der Bahn an und da der Bahnhof bereits die erste Station des Geschichtslehrpfads ist, kann sofort gestartet werden. Außer dem vergleichsweise geringen Zeitaufwand bietet Bisingen weitere Vorzüge gegenüber einer professionellen Gedenkstätte wie Dachau. Vielen Schülern war vor ihrem Besuch nicht klar, dass es in der letzten Kriegsphase auch „vor der Haustür“ Konzentrationslager gegeben hat. Dass der NS-Terror auch in kleinen, idyllisch anmutenden Orten wie Bisingen wirkte, ist für viele Schüler eine neue Erkenntnis, die sich jedoch didaktisch gut nutzen lässt. Dadurch werden Fragen nach der Reichweite oder Durchdringung diktatorischer Strukturen, aber auch nach persönlicher Verantwortung aufgeworfen. Auch die Erinnerungsgeschichte nach 1945 wird an einem Ort wie Bisingen greifbar.
Ein weiteres Plus stellt das Engagement der Guides dar. Während an großen Gedenkstätten vor allem freie Mitarbeiter im Einsatz sind, erleben die Besucher in Bisingen Personen, die einen besonderen Bezug zum Thema haben. Zum einen sind das Mitglieder des Gedenkstättenvereins, die häufig über eine langjährige Erfahrung verfügen, zum anderen gibt es seit einigen Jahren die Jugendguides. Diese haben in der Regel eine mehrmonatige Basis-Qualifizierung durch das Kreisarchiv Tübingen absolviert und suchen sich dann eine Gedenkstätte, wo sie gegen ein Honorar Führungen übernehmen. Von diesem Modell profitieren beide Seiten: Der Verein kann so nicht nur die vielen Führungsanfragen annehmen, sondern gewinnt überdies auch neue Mitglieder. Zwei ehemalige Jugendguides sind seit Jahren sogar im Vorstand tätig: als Kassierer und Schriftführerin. Auf der anderen Seite erwerben die Jugendlichen, die oft noch in Ausbildung oder Studium sind, wichtige Kompetenzen im Erarbeiten und Präsentieren eines komplexen Themas und erhalten dafür ein angemessenes Honorar. Und die Besucher? Die buchen sehr gerne die Jugendguides, weil sie einen ganz besonderen Zugang zu den nur wenig jüngeren Schülern haben. Und – die Jugendguides erfüllen eine wichtige Vorbildfunktion. In einer Zeit, in der viele Jugendliche auf der Suche nach Orientierung sind, fungieren Generationsgenossen, die sich an einer Gedenkstätte engagieren, als imponierende Rollenmodelle.
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