Station: [5] Kindheit und Schulzeit


F: „Göttlich vergnügt“ soll die Kindheit von Fritz Reuter gewesen sein, so sagte er später. Mit seiner Halbschwester Lisette und den beiden Cousins Ernst und August wächst er hier im Rathaus auf. Mit den Eltern spricht er die Sprache der Gebildeten – Hochdeutsch – mit Knechten, Mägden und draußen auf der Straße die des einfachen Volks – Nieder- bzw. Plattdeutsch.

M: Reuters Kindheit ist einfach und unbekümmert. Doch die Freiheit des ländlichen Lebens hat ihre Schattenseiten: In der rückständigen Ackerbürgerstadt gibt es keine vernünftige Schulbildung. Reuter selbst spottet später:

M (Zitat):

Es gab in Stavenhagen drei […] Bildungsanstalten für den menschlichen Geist und Marteranstalten für das menschliche Sitzfleisch, die ich hier im aufsteigenden Klimax folgen lasse: ‚de Becker-Schaul‘, ‚de Köster-Schaul‘ und ‚de Rekter-Schaul‘. […] Man konnte in jeder anfangen und in jeder aufhören oder man konnte mit demselben Nutzen alle drei durchmachen; denn von dem, was man heutzutage Methode nennt, war in allen dreien nicht die Rede, bloß in der Rektor-Schule wurden die Prügel nach einer festgestellten Methode verabfolgt […].

F: Reuter besucht keine der drei Schulen. Anstatt dessen erhalten er, seine Halbschwester und zwei Cousins Privatunterricht: Die Mutter Johanna, sein Onkel Herse sowie Hauslehrer kümmern sich um die elementare Bildung der Kinder. Doch an einen systematischen Unterricht ist nicht zu denken.

M: 14jährig schickt ihn der Vater auf die Gelehrtenschule in Friedland, die als eines der besten Gymnasien in Mecklenburg gilt. Doch der junge Fritz ist ans kontinuierliche Arbeiten nicht gewöhnt, seine Leistungen sind enttäuschend – mit einer Ausnahme: Er zeigt eine echte Begabung im Zeichnen. Sein Lieblingslehrer Karl Horn ist ein politischer Mann: Er hat in den Befreiungskriegen gekämpft und nach dem Sieg über Napoleons Truppen die Jenaer Urburschenschaft mitgegründet.

F: Nach knapp vier Jahren in Friedland schickt Reuters Vater ihn nach Parchim. Hier gibt es keinen Zeichenunterricht und die Lehrer erstatten regelmäßig Bericht nach Hause. Trotz weiterhin mäßiger Leistungen besteht Reuter im Sommer 1831 das Abitur.

M: Dennoch: Die Differenzen zwischen Vater und Sohn liegen offen zutage: Georg Johann ist zielstrebig und arbeitsam und erwartet dasselbe von seinem Sohn. Fritz hat eine unstete Künstlernatur und liebt die Geselligkeit.

 

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Zitat Schulen: Fritz Reuter, Meine Vaterstadt Stavenhagen, S. 62.

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