Station: [122] Malchiner Straße 10: Sophie Reuters Alterssitz


M (Zitat): „Seit einigen Tagen haben wir das Vergnügen, unseren beliebten Dichter Dr. Fritz Reuter in unserer Stadt, dem Hause der Witwe Madame Reuter, wo sich unser Dichter aufhielt, zu beherbergen. Gestern Abend wurde demselben von den Bürgern unserer Stadt ein prachtvoller Fackelzug und von dem hiesigen Gesangsverein ein Ständchen gebracht.“

F: So meldete die Stavenhagener Ausgabe der Rostocker Zeitung am 18. Januar 1865. Fritz Reuter – Mitte Fünfzig – war ein gemachter Mann. Seine Bücher wurden in mehreren Sprachen verlegt und erzielten beeindruckende Auflagen.

M: Seine Halbschwester Sophie war mittlerweile verwitwet. Nach dem Tod ihres Mannes Ernst hatte sie die väterliche Brauerei und die Landwirtschaft verpachtet, das repräsentative Haus hinter der Kirche verlassen und lebte nun hier, im Haus des Bäckermeisters Christoph Schulz, in einer Mietwohnung im ersten Stock.

F: Ihr älterer Bruder – früher das schwarze Schaf der Familie, heute ein gefeierter Schriftsteller – fand noch immer bei ihr eine Bleibe. Was die beiden alternden Geschwister sich wohl zu erzählen hatten? Nachdem Fritz nahezu enterbt worden war und Sophie den Reichtum der Familie durchgebracht hatte, war das Verhältnis der Geschwister sicher nicht frei von Spannungen.

M: Sophie überlebte ihren Bruder um viele Jahre und blieb bis zu ihrem Lebensende in Stavenhagen. Sie starb im Jahr 1901.

Fotos: © Fritz-Reuter-Literaturmuseum