Station: [5] Glockenturm Ev. Pfarrkirche St. Jakob, Kirchplatz 2


M: Ein freistehender, vom eigentlichen Baukörper der Kirche losgelöster Turm ist in unseren Breitengraden ungewöhnlich. So einen „Campanile“ kennt man sonst nur aus Italien. Bringt er nicht gleich ein wenig südländisches Flair in unsere Stadt? Was ist wohl sein Geheimnis?

F: Der Glockenturm gehörte eigentlich gar nicht zur Kirche!

M: Die evangelische Kirche St. Jakob war im 13. Jahrhundert eine Wehrkirche. Um Feinde abzuwehren, war das gesamte Kirchenareal von einer durchgehenden Mauer umschlossen. Zutritt hatte man nur durch den Torturm. Dass der Turm ursprünglich für Verteidigungszwecke konstruiert war, erkennen Sie noch an dem etwa sechs Meter über dem Boden gelegenen Eingang an der Seite. Nur über ihn konnte man in den Turm gelangen.

F: 1788 wurde die Kirche erweitert und der eigentliche Kirchturm abgetragen. Und den Turm der Wehrkirchanlage nutzte man fortan als Kirchturm. Nachträglich wurde ein Fachwerkgeschoss aufgebaut, in dem sich heute der Glockenstuhl befindet.

M: Die Oberkante des ursprünglichen Turms umläuft ein romanischer Rundbogenfries. Auf der Westseite über dem Rundbogenfenster beobachtet seit über 800 Jahren das „Steidemer Männle“ die wechselhafte Geschichte der Stadt. Wenn Sie auf dem Markplatz stehen, müssen Sie einfach nur hoch schauen. Das Männle ist das Wahrzeichen Niederstettens. Diese Figur soll – einer vorchristlichen Tradition folgend – böse Geister abhalten, mit deren Annäherung man stets von der Westseite rechnete. Allerdings ist auch eine Verbindung zu der alten Stadtsage des „Halben Männle“ denkbar. Dessen ebenso traurige wie grausame Geschichte erzählen wir Ihnen am Rathausbrunnen.

F: Rund um Niederstetten gibt es fünf Wehrkirchen. Sie wurden nur an besonders wichtigen und wohlhabenden Orten erbaut. Das am besten erhaltene Beispiel dieses Bautyps steht im benachbarten Wildentierbach. Ein Ausflug lohnt sich, denn auch dort erwartet Sie eine Audioführung.

M: Doch hören Sie sich zunächst einmal die Geschichte der Pfarrkirche St. Jakob an.

Fotos: © Trüpschuch