Station: [2] Darstellung des Tuches
Das 6,80 Meter breite und 8,20 Meter hohe Fastentuch zeigt 90 Bildfelder in Tempera auf Leinen gemalt von denen 45 alt- und 39 neutestamentliche Themen beinhalten. Sechs Bildthemen sind apokryphe Evangelien entnommen. Es wird von einer 50 cm breiten Bordüre umrahmt, die mit Blatt-, Blumen- und Tierornamenten geschmückt ist. An ihren vier Ecken finden sich die Symbole der Evangelisten und oben ein Medaillon mit der Darstellung Moses. Den unteren Teil der Bordüre zieren links das böhmische und rechts das Zittauer Wappen sowie in der Mitte die nur noch schwer lesbare Jahreszahl 1472. Weiter links wird der Stifter selbst mit einer Waage in der Hand vor einem Tisch mit Gewürzsäcken abgebildet. In zehn Reihen zu je 9 Bilderfeldern, von 65 mal 65 cm, jedes mit einer sich reimenden niederdeutschen Textzeile versehen, erzählt es die biblische Geschichte. Die erste Reihe spannt den Bogen von der Schöpfung bis zum Sündenfall. Die zweite berichtet von der Vertreibung aus dem Paradies, der Geschichte der Brüder Kain und Abel sowie von der Sintflut. In der dritten Zeile wird vom trunkenen Noah im Weinberg, vom Turmbau zu Babel, vom göttlichen Strafgericht über Sodom und Gomorrha sowie von den Taten und dem Tode Abrahams erzählt. Zeile 4 berichtet von Isaak sowie seinen Söhnen Esau und Jakob. Dem Schicksal von Jakob jüngstem Sohn Josef, den seinen Brüder nach Ägypten verkauften und der dort als Traumdeuter des Pharao zu höchsten Würden gelangte, sind vier Bilder gewidmet. Die fünfte Zeile beschließt das Alte Testament mit der Abbildung der Taten und Wunder Moses sowie der Geschichte von Josua und Kaleb, die eine riesige Weintraube als Beweis der Fruchtbarkeit des gelobten Landes auf ihren Schultern tragen. Es folgen in der sechsten Zeile die Legende von Anna und Joachim, den Eltern Marias sowie Verkündigung und Geburt Christi. Dabei war dem Künstler ein Fehler unterlaufen. Er hatte die Reihenfolge des siebenten und achten Bildes vertauscht, was er keck dadurch korrigierte, dass er vor die Textzeile zu Bild sieben ein B und vor die von Bild acht ein A setzte. Die siebente Zeile erzählt von der Kindheit und Jugend Jesu. Nach zwei weiteren Begebenheiten aus dem Leben Jesu wird in der achten und neunten Zeile die Passionsgeschichte erzählt. Die zehnte Zeile berichtet von der Auferstehung und Himmelfahrt Christi sowie von der Ausgießung des Heiligen Geistes. Das letzte Bild schließlich ist dem Jüngsten Gericht gewidmet. Wer dieses große Fastentuch geschaffen hat, ist nicht bekannt. Vielleicht kann der Meister unter den Zittauer Franziskanermönchen vermutet werden. 1573 wurde für St. Johannis noch ein zweites Velum geschaffen, dass als Kleine Zittauer Fastentuch in die Kunstgeschichte eingegangen ist. Es gehört zu dem ganz seltenen Typ der Arma-Christi-Tücher, von denen weltweit nur sieben erhalten geblieben sind.