Station: [11] Walfang


M: Was für ein abenteuerliches Bild! Mit großen Segelschiffen, Eisschollen und Walen, die drumherum schwimmen. Und siehst du auch die kleineren Ruderboote mit den Menschfiguren drin, und wie sie ganz nah an die Wale heranrudern? Das sind Walfänger, von denen es früher auf Föhr sehr viele gab.
Jens Jakob Eschels zum Beispiel. Er hat lange Jahre seines Lebens auf den Walfängerschiffen gearbeitet und dann darüber ein Buch geschrieben. Lass uns mal hören, was er zu erzählen hat:

Eschels: Als ich elf Jahre und zwei Monate alt war, ging es los. Ich bin zusammen mit meinem Onkel, der auch erst 18 war, und vielen anderen Föhrer Seeleuten losgefahren: Zuerst auf einem kleinen Schmackschiff, auf dem wir wie die Ölsardinen eingequetscht losgesegelt sind. Und ich war soo seekrank. Da habe ich einfach in meinen Stiefel gespukt und ihn über Bord ausgeleert.
Nach ein paar Tagen sind wir dann in Amsterdam angekommen. Amsterdam, das liegt in Holland und von den holländischen Häfen starteten viele Walfängerschiffe in Richtung Norden, ins Eismeer. Auf so einem Schiff bin ich losgesegelt und habe als Küchenjunge gearbeitet. Zu Anfang hatte ich etwas Heimweh, so ganz allein auf einem Schiff. Ich kannte niemanden von der Mannschaft. Aber ich habe mich schnell eingelebt… und dann auch immer weniger Heimweh gehabt.
Aber das mit dem Walfang, das war gar nicht so einfach. Und es gab viele Gefahren auf diesen Reisen.

Im ersten Jahr haben wir keinen einzigen Wal gefangen, denn drei unserer Schiffe wurden vom Packeis eingeschlossen und zerquetscht. Zum Glück blieb das vierte Schiff verschont und alle Seeleute von den drei untergegangenen Segelschiffen konnten sich darauf retten. Mit dem vollbesetzten Schiff konnten wir so lange segeln, bis wir andere Schiffe trafen, die einige von uns aufnahmen.

Im zweiten Jahr stieß unser Schiff mit einem Eisberg zusammen. Aber die Schäden konnten zum Glück repariert werden. Und dann, im Juni 1870, ungefähr auf 75 Grad nördlicher Breite, habe ich zum ersten Mal so viel Wale gesehen wie nie zuvor! Aber der Eigentümer des Schiffes hatte uns eine schlechte Ausrüstung mitgegeben, und immer, wenn wir einen Wal fangen wollten, riss das Seil. So kam ich auch im zweiten Jahr nach Hause, ohne einen einzigen Wal gefangen zu haben.

Normalerweise funktioniert das so: Wenn man einen Wal gesehen hat, steigen die Männer von dem großen Segelschiff in ein kleines Beiboot, die sogenannte Schaluppe. In diesem kleinen Boot rudern die Walfänger dann möglichst nah an den Wal heran und versuchen, ihn mit Harpunen zu treffen. Die Harpunen bleiben dann in der dicken Haut des Wals stecken, der Wal versucht sich zu retten und schwimmt mit Leibeskräften los. Aber an den Harpunen sind lange Seile befestigt, so dass die Boote mit den Walfängern mitgezogen werden und dem Wal immer auf den Fersen bleiben. Wenn der verletzte Wal nach mehreren Stunden erschöpft ist und sich nicht mehr so doll wehrt, können die Männer näher heranrudern und ihm den Todesstoß versetzen. Danach wird die dicke Fettschicht des Wals abgeschält, denn aus ihr kann dann zum Beispiel Lampenöl hergestellt werden, damit alle es im Winter auch schön hell haben.

Allerdings konnten wir erst im vierten Jahr richtig viele Wale fangen. Wir füllten alle Fässer mit Walspeck und segelten glücklich nach Holland zurück.

Und so bin ich – seit ich elf war – jedes Jahr zur See gefahren: Im Frühjahr ging es los und im Herbst kamen wir wieder nach Hause. Und… ich habe viel gelernt und bin aufgestiegen, vom Schiffsjungen bis zum Kapitän.

M: Warum das so war und wie Jens Jakob Eschels das geschafft hat, das erfährst du, wenn du dir die Vitrinen links hinter dir, direkt an den Fenstern, anschaust.

Fotos: © Dr.-Carl-Häberlin-Friesen-Museum