Station: [260] Jüdische Kaufhäuser unter der NS-Diktatur
„Kauft nicht bei Juden“, hieß es unmittelbar nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Januar 1933. Bereits am 1. April des gleichen Jahres fand ein groß angelegter nationaler Boykott jüdischer Geschäfte, Ärzte und Anwälte statt. In den Kaufhäusern gingen die Boykotts mit Hausdurchsuchungen, Plünderungen und Verwüstungen einher. Gertrud Görner, eine ehemalige Verkäuferin im Schocken-Kaufhaus Lugau, hat eine solche Situation selbst erlebt. Hören Sie dazu das Interview an der Medienstation.
Im Parteiprogramm der NSDAP war die Beseitigung der großen Warenhäuser fest verankert. Jüdische Unternehmer wurden gezwungen ihre Geschäfte zu verkaufen oder an nichtjüdische Mitarbeiter zu übertragen. Einige Kaufhäuser wie das Chemnitzer Warenhaus Tietz wurden gar nicht erst „arisiert“, sondern gleich liquidiert. .
Umsatzrückgänge, Schwierigkeiten bei der Warenbeschaffung, Boykotts und Schikanen führten auch den Schocken-Konzern zusehends an den Rand seiner Existenz. So sah sich Salman Schocken 1938 gezwungen, seinen Konzern weit unter Wert zu verkaufen. Zu diesem Zeitpunkt hatten alle jüdischen Mitarbeiter den Konzern bereits verlassen.
Der als „repatriiert und arisiert“ anerkannte Kaufhaus-Konzern wurde nun in „Merkur Kaufstätte Aktiengesellschaft“ umbenannt. Die Konzernstruktur blieb dabei aber bestehen. Denn die Mitglieder der Geschäftsleitung waren keine Nazi-Funktionäre, sondern Vertrauensleute, die so lange wie möglich mit Schocken in Verbindung blieben. Das erfolgreiche „Schocken-System“ führten sie weiter. Auch die Gedenkbücher zum 10-jährigen Betriebsjubiläum gab es noch bis 1941.
In den letzten Kriegsjahren wurden Räume in den Schocken-Kaufhäusern Chemnitz und Freiberg zweckentfremdet. Unter dem Decknamen „Spinnstoffsammlung“ durchsuchte man hier konfiszierte Kleidung aus Polen nach Wertsachen. Diese dienten dann der Weiterfinanzierung des Krieges.