Station: [333] Elisabeth von Rochlitz


Elisabeth von Rochlitz galt unter den Befürwortern als Hoffnungsträgerin und Garantin für eine baldige Reformation im albertinischen Sachsen. Aufgrund ihrer vielfältigen verwandtschaftlichen Bindungen mit den Häusern Hessen und Sachsen saß sie in der Mitte eines familiären Geflechts der wichtigsten Fürsprecher dieser kirchlichen Erneuerungsbewegung. Sich ihrer bevorzugten Position durchaus bewusst, spann sie von hier aus mit großem taktischen Feingefühl und strategischem Spürsinn ihre reformatorischen Fäden.

Im Alter von drei Jahren wurde Elisabeth an Herzog Johann den Jüngeren von Sachsen versprochen. Zehn Jahre später mit ihm verheiratet, musste sie im November 1517 Hessen und ihre Mutter verlassen. Nunmehr siebzehnjährig reiste sie an den Hof ihres streng katholischen Schwiegervaters Georg des Bärtigen.

Es waren schwierige Jahre, die die junge Frau am Dresdner Hof erwarteten. Ständige Auseinandersetzungen mit dem Kurfürsten überschatteten ihr Leben und ihre Ehe. Die Spannungen verschärften sich, als Elisabeth die Beichte und das Abendmahl in katholischer Gestalt verweigerte. Damit bekannte sie sich vor Gott und der Welt zu Luther und zur Reformation.

Nach dem Tod ihres Mannes bezog Elisabeth ihren Witwensitz auf Schloss Rochlitz. Im Dezember 1537 führte sie gegen den Willen Georgs die Reformation im Wittum Rochlitz ein. Schon ein Jahr später wurde sie als einzige Frau in den Schmalkaldischen Bund aufgenommen. Weit über die traditionellen Rollenbilder hinaus agierte sie im Vorfeld des Schmalkaldischen Krieges als Mediatorin zwischen den Fürsten des Bundes und den katholischen Fürsten.

Etwa 2000 Briefe sind uns von Elisabeth überliefert. Zeugnisse einer selbstbestimmten Frau, die entscheidenden Einfluss auf die Ereignisse während der Reformation im Sachsen des 16.Jahrhunderts nahm. Und wir dürfen uns glücklich schätzen über diesen Nachlass, der auch eine Verlustgeschichte erzählt. Die Verlustanteile weiblicher Korrespondenz aus der Frühen Neuzeit, besonders die der Fürstinnenkorrespondenz des ausgehenden 15. und des 16. Jahrhunderts, sind weit höher als die Verluste männlicher Korrespondenz.

Ganz abgesehen von den Briefwechseln der Frauen untereinander, die entweder verschwanden oder aber, wie im Falle eines Elisabeth-Briefes, mit dem Vermerk „Weibergeschwätz“ ad acta gelegt wurden. Auch auf solche Weise kann Geschichte konstruiert werden.