Station: [330] Alltag und Krieg


Wir befinden uns im 14. Jahr des 30jährigen Krieges. Kurfürst Johann Georg der III. hat sich gegen Kaiser Ferdinand den II. mit den schwedischen Truppen verbündet und Sachsen wird zum Schlachtfeld im so genannten Schwedischen Krieg. Die kaiserlichen Soldaten haben die Weisung ihres Oberbefehlshabers Wallenstein im Ohr „das Land nachhaltig zu verwüsten“. So hinterlassen sie auf ihrem Marsch durchs Land brennende Städte und Dörfer. Auch Penig kann diesem Schicksal nicht entgehen. Drei Tage lauern die kaiserlichen Truppen vor der kleinen Stadt. Am dritten Tag wird sie gestürmt.

Die Badstube in der Obergasse ist voller Männer. Seit Wochen schon sind sie aus ihren Uniformen nicht heraus gekommen. In den Schüsseln dampft warmes Wasser. Es ist heiß im Raum. Der Hofschneider Thomas Nitzsche schürt das Feuer unterm Kessel. Sein Gehilfe zapft Bier aus dem Hahn. Wein steht in großen Bartmannskrügen überall verteilt auf dem Boden. Zwischen den Knien des Baders klemmt der Kopf eines Söldners, dem unter großem Gejaule ein Zahn gezogen wird. Hitze und Alkohol treiben den Männern die Anspannung des Krieges aus den Poren. Noch lachen sie, aber das kann sich schnell ändern. Nitzsche ist froh, Frau und Kinder im Wald in Sicherheit zu wissen. Zusammen mit seinen zwei Gehilfen hält er die Soldaten bei Laune. Dass sie ihm nur sein Haus stehen lassen, denkt Nitzsche noch, als er am Nacken gepackt und durch den Raum gezerrt wird.

229 Häuser der Stadt gingen in Flammen auf. Das Badhaus in der Obergasse traf es besonders schlimm. Nitzsches Frau überlebte mit den Kindern und verkaufte das Grundstück später.

Ob sich diese Geschichte tatsächlich so in Nitzsches Haus zugetragen hat und ob Nitzsche diesen Brand überlebte, wissen wir nicht. Der Spinnwirtel aber, mit der der Hofschneider tagtäglich das Garn für die Kleider der Herren von Schönburg spann, ist nicht verbrannt und erinnert an ihn.