Station: [317] Eisenbahn und Industrie
Angekommen im 19. Jahrhundert erlebte Sachsen mit der industriellen Revolution eine solch umfassende Veränderung wie zu Zeiten des Hochmittelalterlichen Landesausbaus im 12. Jahrhundert. Ein Netz aus Schienen spann sich durch das Land und verband Produktions- und Wohnorte. Mit der Eisenbahn kam die Industrialisierung ins Rollen. Im Takt der Maschinen verdichtete sich die Zeit und mit ihr die Arbeit und das Leben der Menschen.
Um die deutsche Wirtschaft in die industrielle Revolution zu führen, musste ihr ein leistungsstarkes Zugpferd vorangestellt werden. Dies erkennend, warb der Ökonom Friedrich List 1833 leidenschaftlich für den Ausbau eines gesamtdeutschen Eisenbahnsystems. Vor allem unter Leipziger Kaufleuten und Unternehmern fand er potentielle Befürworter. 1835 wurde mit dem Bau der ersten Fernbahnlinie Deutschlands begonnen. Vier Jahre später rollte Deutschlands erste Dampflok „Saxonia“ auf ihrer Jungfernfahrt von Dresden nach Leipzig.
Professor Andreas Schubert konstruierte sie auf der Grundlage englischer Vorbilder in der Maschinenbauanstalt Dresden-Übigau.
Schon am Ende des 18.Jahrhunderts begann mit dem Einsatz von Spinnmaschinen die Mechanisierung des Textilgewerbes. Maschinen und Fabriken verdrängten zunehmend Manufaktur und Handwerk. Ideale Standorte für die mit Wasserkraft betriebenen Maschinen waren die Erzgebirgstäler. Später ersetzten Dampfmaschinen die Wasserräder. Im Zusammenhang mit dieser Erfindung bildete der Maschinenbau heraus.
Einer, der die enge Verschmelzung von industrieller Warenproduktion und Maschinenbau erkannte, war Richard Hartmann. Sein Hartmann- Werk in Chemnitz produzierte neben Spinnmaschinen und Webstühlen auch Dampf- und Werkzeugmaschinen. 1878 zählte die Maschinenfabrik etwa 3000 Beschäftigte und gehörte zu den erfolgreichsten Unternehmen im Maschinenbau. Neu war in der Zeit der frühen Industrialisierung, dass nun auch unausgebildete Leute eine Anstellung fanden.
Der Theologe und Sozialdemokrat Paul Göhre beschrieb die monotone Fabrikarbeit als eine „alle Kräfte anspannende, aufreibende Tätigkeit“. Die Menschen arbeiteten im Schichtprinzip 14 Stunden am Tag bei geringem Lohn. Mangelhafter Arbeitsschutz führte zu Unfällen und Arbeitsausfall und damit auch zum Lohnausfall und zu Existenznöten in den Familien.
Wachsender Reichtum für eine Minderheit und zunehmende Verelendung breiter Bevölkerungsschichten – auch das waren Auswirkungen des industriellen Aufschwungs in Sachsen.