Station: [202] Jungsteinzeitlicher Brunnen


Gleich zu Beginn Ihres Rundgangs präsentieren wir Ihnen ein besonderes Highlight: einen bandkeramischen Brunnen! Die frühesten sesshaften Menschen in Europa fertigten Keramik mit einheitlichen Verzierungen. Bandförmige Muster schmückten Kümpfe, Flaschen und Schalen. Die linienförmigen Bänder gaben den Trägern dieser Kultur den Namen Linienbandkeramiker. Die Kultur der Linienbandkeramik war von 5.500 bis 5.000 vor Christus in weiten Teilen Europas verbreitet.

Bei archäologischen Ausgrabungen im Braunkohlentagebau Zwenkau südlich von Leipzig wurden 1997 unter dem verschwundenen Dorf Eythra die Überreste von gleich zwei linienbandkeramischen Brunnen gefunden. Nicht jede bandkeramische Siedlung verfügte jedoch über einen eigenen Brunnen. Oftmals versorgte man sich mit dem lebensnotwendigen Element Wasser aus Quellen, Flüssen und Bächen. In Sachsen wurden bereits sechs solcher Brunnen gefunden. Bezogen auf das gesamte Verbreitungsgebiet der Bandkeramiker handelt es sich etwa um ein Drittel aller Brunnenfunde.

Brunnen sind wertvolle Zeugnisse der Vorgeschichte. Doch was ist das Besondere an ihrer Entdeckung? Im feuchten Brunnenmilieu herrschen spezielle Erhaltungsbedingungen für organische Materialien. Sie liefern Informationen zunächst einmal über die Brunnenkonstruktion. In Eythra konnten gleich mehrere der unteren Balkenlagen geborgen werden. Zwei davon sehen Sie hier. Die Bandkeramiker verwendeten für ihre Brunnen vorrangig Eichenholz. Die Brunnenkästen wurden aus Spaltholz in Blockbauweise oder als Röhrenbrunnen aus ausgehöhlten Baumstämmen gefertigt. Miteinander verbunden wurden die Bohlen durch Verschränken, Kämmen oder Verzapfen. Herausragend ist die Erkenntnis, dass Zapfenschlösser zur Sicherung der Zapfen schon zu dieser Zeit verwendet wurden – eine Technik, die noch bis vor kurzem als eine Erfindung des Mittelalters galt.

Die Bandkeramiker wussten also nicht nur über die Eigenschaften verschiedener Holzarten bereits gut Bescheid. Ihre ausgefeilten Zimmermannstechniken nutzten sie vermutlich auch beim Hausbau.  Die verwendeten Hölzer können wir über die Analyse der Baumjahrringe genau datieren. So wissen wir, dass die Stämme für die Brunnenhölzer von Eythra vor 7100 Jahren geschlagen wurden.

Wenn Sie mehr über die Bauweise vorgeschichtlicher Brunnen und ihre Bergung durch Archäologen erfahren möchten, dann empfehlen wir Ihnen den Bereich mit den Medienstationen schräg gegenüber.

Im Vertiefungstext stellen wir Ihnen jetzt die Brunnenfunde aus Eythra vor.