Station: [118] Grab von Nadelwitz


Am Rande einer Kiesgrube bei Bautzen gelang 1930 ein seltener Fund: In feinem roten Sand lagen eine Querhaue aus Felsgestein und eine größere Anzahl hell- bis dunkelgrauer Feuersteinobjekte.

Bei näherer Untersuchung entpuppte sich der Fund als trichterförmige Grabgrube. Diese hatte eine Größe von 2 Meter 85 im Durchmesser und 1 Meter 65 Tiefe. Vermutlich wurde der Tote in sitzender Haltung bestattet. Doch von Knochenresten fehlte jede Spur. Wie wir wissen, sind dafür die schlechten Erhaltungsbedingungen für organische Materialien in den sächsischen Böden verantwortlich.

Bemerkenswert ist aber der rote Sand, der die Sohle der Grabgrube bedeckte. Die Farbe Rot steht für das Blut und ist ein Symbol für das Leben. In der Mittleren Steinzeit wurden Grabgruben häufig mit einer Rötelstreuung ausgekleidet, die aus dem Mineral Hämatit gewonnen wurde. Wir haben es hier also mit einem Grab aus dem Mesolithikum, der Mittleren Steinzeit, zu tun. Ein weiterer Hinweis darauf sind die drei Feuersteingeräte, die bei näherer Betrachtung schräg retouchierte Kanten zeigen – ebenfalls ein Merkmal mittelsteinzeitlicher Bestattungssitte.

Wie ein Exot wirkt dagegen die wuchtige Querhaue in diesem Ensemble. Sehen Sie doch selbst durch die Lupe, wie fein sie überschliffen wurde! Solche Beile und Äxte aus Felsgestein mit Durchlochungen sind uns eigentlich erst von den sesshaften Bauern der jüngeren Steinzeit bekannt. Pflegten diese also bereits Kontakte zu den mittelsteinzeitlichen Jägern und Sammlern unserer Gegend? Trauerten sie womöglich gemeinsam um den Verstorbenen? Eindrucksvoll zeigt das Grab von Nadelwitz aus dem 6. bis 5. Jahrtausend vor Christus den Übergang von der Mittelsteinzeit zur Jungsteinzeit in Sachsen.