Station: [15] Föhrer Brauchtum


F: Rummelpottlaufen, Biikebrennen, Ausschießen oder der Kenkenbuum – viele Bräuche und Traditionen sind weiterhin auf der Insel lebendig.

M: Die Strohpuppe rechts in der Vitrine beispielsweise ist eine Silvesterverkleidung aus früherer Zeit – eine unheimliche Maske aus Kuhhorn und Wolle, mit der zur Jahreswende die Dämonen vertrieben werden sollten. Um bei der Geisteraustreibung auch gehörig
Lärm zu machen, gab es den Rummelpott, einen mit einer Schweinsblase bezogenen Tontopf, in dem ein Reethalm steckt und mit dem man seltsame Töne erzeugen kann. Mit Verkleidung und Rummelpott ausgerüstet, zogen die Menschen am Silvesterabend von Tür zur Tür, vertrieben symbolisch die Geister und bekamen dafür etwas Essbares. Heutzutage haben selbstgedichtete Lieder und Schlager den Rummelpott verdrängt und statt etwas zu essen gibt es eher einen Schnaps.

F: Als sich im 19. Jahrhundert der Weihnachtsbaum in Deutschland verbreitete, wollten die Föhrer dem nicht nachstehen. Allerdings
gab es keine Tannen auf der Insel und ein Import mit Segelschiffen wäre viel zu aufwändig gewesen. So schuf man baumförmige Holzgestelle, die zunächst mit Papiergirlanden, später auch mit immergrünem Efeu oder Buchsbaum geschmückt wurden: den Kenkenbuum.

Behangen wird er bis heute mit Äpfeln, Rosinenketten und speziellem Gestaltengebäck: aus süßem Gebäckteig ausgestochene Plätzchen, deren Formen die Dinge des Alltags widerspiegeln: Tiere wie Kuh, Hahn oder Pferd. Und Segelschiffe oder Windmühlen.
Als religiöses Motiv schmücken Adam und Eva den Stamm des Baumes.

Die stilisierten Weihnachtsbäume gibt es bis heute, und ab der Adventszeit sieht man sie in den Fenstern der Föhrer Wohnhäuser stehen.

M: Am Abend des 21. Februar entzündet man außerhalb der Dörfer sehr große Feuer aus Baumschnittabfällen und kombiniert das Biikebrennen gern mit einem Grünkohlessen. In früheren Generationen war das Biikebrennen ein Fest der Kinder. Sie trugen in mühevoller Arbeit Haufen von brennbaren Materialien zusammen und bewachten die Haufen vor eventuellen Attacken der benachbarten Dorfjugend vor einem vorzeitigen Abbrennen. Ein großer Spaß dabei war und ist es immer noch, sich gegenseitig oder den Erwachsenen mit Ruß die Gesichter zu schwärzen. Auf manchen Biikehaufen wird eine Strohpuppe verbrannt, symbolisch wird damit der Winter vertrieben. Die Tradition des Biikebrennens wie man es heute kennt, entwickelte sich im 19. Jahrhundert, bis dahin gab es zu wenig Brennmaterial auf der baumlosen Insel.

F: Der Brauch des „Ausschießens“ hingegen ist mit dem gesellschaftlichen Wandel verschwunden. Sie sehen ihn noch auf den kleinen Aquarellzeichnungen in der Vitrine dargestellt. Das „Ausschießen“ bestand darin, dass ein junger Mann, der ein Mädchen mehrfach zu Hause besucht hatte, durch Schüsse in die Luft aus dem Haus geholt wurde und öffentlich die Verlobung verkünden musste. Willigte der Mann nicht in die Verlobung ein, packten seine Altersgenossen ihn auf einen Mistkarren, fuhren ihn durchs Dorf und luden ihn auf einem Misthaufen ab – eine Schmach sowohl für den jungen Mann als auch für das Mädchen.

Fotos: © Dr.-Carl-Häberlin-Friesen-Museum