Station: [4] Organistrum und Sinfonia
In unserem Museum hängt der Himmel nicht voller Geigen, sondern voller Flöten. Schauen Sie mal hoch! Direkt unter dem Flötenhimmel, sehen Sie drei Instrumente, die sie in die musikalische Welt des 11. Jahrhunderts entführen– das Organistrum und zwei Sinfonia, drei Instrumente aus der großen Familie der Drehleiern. Ihren Ursprung haben Organistrum und Sinfonia im Orient, die Mauren brachten sie nach Spanien und von dort aus verbreiteten sie sich über ganz Europa.
Das wunderbar geschnitzte Holzinstrument ist ein Organistrum. Es ist der geistliche Vorläufer der Drehleier. Nur Kurt Reichmann haben wir es zu verdanken, dass Sie dieses Instrument hier sehen und hören können. Das in Stein gehauene Vorbild befindet sich im Portal der berühmten Kathedrale von Santiago de Compostela. Im Zenit des Eingangsbogens bildet eine Steinskulptur zwei Geistliche ab, die gemeinsam das Organistrum spielen, einer bedient die Kurbel, der andere verkürzt die Saiten. Reichmann hat das Steinrelief ausgemessen, das Instrument in Bezug zur Größe der Spieler gesetzt und es aus Holz nachgebaut. Es ist die zweitälteste nachgewiesene Form. Doch wie klingt das Instrument? Im kommenden Stück begleitet es den Mönchsgesang des Bonifatius Hymnus „Praesulis exultans“.
Der weltliche Vorläufer der Drehleier ist die wesentlich einfacher gestaltete Sinfonia. Links des Organistrums hängen zwei Exemplare. Es ist eine Kastenleier, die nur von einer Person gespielt wird. Troubadoure und Bänkelsänger begleiteten ihre Liebeslieder auf diesem Instrument. In Frankreich wurde die Sinfonia besonders gerne und häufig gespielt.
Das größere Modell der Sinfonia ist welteinmalig. Es ist eine Sonderform, die Kurt Reichmann für einen Sammler anfertigte, der sie nach seinem Tod unserem Museum vermachte. Hören Sie ihren einzigartigen Klang im Stück „Ce fu en mai“ des französischen Komponisten Moniot d’Arras aus dem 13. Jahrhundert.
Auch das kleinere Modell der Sinfonia kommt aus der Werkstatt Kurt Reichmanns. Ihr Vorbild fand er auf mittelalterlichen Stichen. Der Klang der Sinfonia begleitet Sie bis zu Ihrer nächsten Hör-Station. Sie hören eine Dukcia aus dem Mittelalter.
Alle Abbildungen: © Dagmar Trüpschuch