Station: [12] Drehleiern – Raritäten
Die Stradivaris unter den höfischen Drehleiern sind die Instrumente der Firma Louvet. Pierre Louvet und Jean Louvet waren zwei höfische Baumeister des 18. Jahrhunderts aus der Normandie. Wir sind sehr stolz darauf, als einziges Museum alle drei Baugrößen aus dem Hause Louvet zeigen zu können – wie alle Leiern in dieser Vitrine Originale aus dem 18. Jahrhundert. Die große Drehleier, die mittlere Jugendausgabe und die Kinder-Leier. Sehen Sie die kleinen Tasten? Auf ihr konnten wirklich nur Kleinkinder spielen.
Daneben sehen Sie eine höfische Leier von Nicolas Jomier. Weltweit gibt es nur zwei Exemplare. Hier in Lißberg und im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg. Die Leier der französischen Königin Marie-Antoinette mit dem schönen Frauenkopf kommt aus der Werkstatt des Hoflautenmachers Caron, der sich Luthier de la Reine, Baumeister der Königin nennen durfte. An diesem Beispiel lässt sich die Entwicklung der Baugeschichte besonders gut ablesen. Die höfische Leier wurde später in Prag in eine böhmische Drehleier umgebaut. Für diese Bauart typisch wurden zusätzliche Resonanz-Saiten eingebaut, die bei bestimmten Tonhöhen mitschwingen.
Zwei weitere Weltbesonderheiten sind diese beiden Orgel-Leiern links von der Eckvitrine mit den höfischen Drehleiern. Diese Nachbauten sind Leiern mit Orgelpfeifen und einem Balg. Den Aufbau sehen Sie auf der Zeichnung, die an der Rückwand der Vitrine hängt. Der Balg wird durch das Drehen der Kurbel bedient. Der Spieler kann dann entweder Orgel spielen oder Drehleier oder beide Instrumente gleichzeitig.
Die Orgel-Leiern inspirierten Kurt Reichmann, eine Akkordeon-Leier zu entwickeln, die Akkordeon-Zungen statt Orgelpfeifen hat. Diese Instrumente brauchen weniger Luft und Spieler können bei gleicher Luftmenge mehrstimmig Musik machen. Dieses Beispiel zeigt, wie die Bordun-Szene immer wieder neu belebt und weitergeführt wird.
Alle Abbildungen: © Dagmar Trüpschuch